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Hinweis: Der Artikel ist nicht mehr zeitgemäß und sollte dementsprechend angepasst werden.


Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien 2014 ist nicht nur unter sportlichen Gesichtspunkten von Bedeutung, sie hat auch einen großen Einfluss auf die Wirtschaft und die sozialen Verhältnisse des Gastgeberlandes. Die Veranstalter der Weltmeisterschaft rechnen mit beträchtlichen Gewinnen für das Land[1]. Außerdem entstehen auch zahlreiche Infrastrukturprojekte[2], die auch nach der Weltmeisterschaft noch zur Entwicklung des Landes beitragen können. Dem stehen jedoch hohe Kosten gegenüber, die in erster Linie der Staat tragen muss[3]. Viele Brasilianer unterstützen zwar die Weltmeisterschaft, große Teile der Bevölkerung stellten jedoch bei den Protesten in Brasilien 2013 die Ausgabe von Steuergeldern für die Baumaßnahmen infrage. Einer der wesentlichen Kritikpunkte war, dass die Regierung diese Gelder nicht für Bildung und das Gesundheitswesen verwendet[4]. Die Vorbereitungen auf die Weltmeisterschaft schaffen zwar viele Arbeitsplätze, doch kommt es auch immer wieder zu tödlichen Unfällen, die Zweifel an einer ausreichenden Sicherheit der Arbeiter lassen[5].

Neue Infrastruktur für Brasilien

Der wichtigste Teil der Vorbereitungen auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 besteht im Bau und der Renovierung der Stadien. Die Weltmeisterschaft wird an zwölf verschiedenen Orten ausgetragen. An sieben Spielorten waren bereits Stadien vorhanden, die für die Austragung der WM-Spiele infrage kommen. Allerdings waren bei allen dieser sieben Stadien erhebliche Sanierungsmaßnahmen notwendig. In fünf der zwölf WM-Städte war hingegen noch kein geeignetes Stadion vorhanden, sodass hier ein Neubau notwendig war[6].

Zu den Verbesserungsmaßnahmen der Infrastruktur, die Brasilien im Rahmen der Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft durchführt, zählen nicht nur die Stadien. Darüber hinaus führen die Regierung und private Unternehmer auch erhebliche Investitionen in das Verkehrssystem durch. Dabei stehen zum einen Flughäfen und Seehäfen im Mittelpunkt[7]. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Ausbau des öffentlichen Personen-Nahverkehrs. Doch gehen Experten davon aus, dass gerade in diesem Bereich die Investitionen zu spät begannen, sodass es Zweifel daran gibt, ob die Verkehrssysteme die Mehrbelastung durch die WM bewältigen können, ohne Beeinträchtigungen für die übrigen Verkehrsteilnehmer hervorzurufen[8].

Neben den Baumaßnahmen der öffentlichen Hand führen auch unzählige private Unternehmer Investitionen im Hinblick auf die Weltmeisterschaft 2014 durch. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Investitionen ist der Bau neuer Hotels. Schätzungen gehen davon aus, dass im Rahmen der WM-Vorbereitungen private Unternehmer etwa eine Milliarde Euro in neue Hotels investieren[9].

Kosten und Finanzierung der Baumaßnahmen

Die Gesamtkosten für die Baumaßnahmen an den Stadien wurden zunächst auf 5 Mrd. Rl (ca. 1,5 Mrd. Euro) geschätzt. Die Regierung konnte lediglich für die Sanierung der Stadien in Porto Alegre, Curitiba und teilweise in São Paulo private Investoren finden. In den übrigen Spielorten kommen öffentliche Gelder zu diesem Zweck zum Einsatz[10]. Mittlerweile wird jedoch bereits ein Wert von 7 Mrd. Rl (ca. 2,1 Mrd. Euro) veranschlagt. Lediglich 9 Prozent dieser Summe stammen vollständig von privaten Investoren. Die übrigen Beträge übernimmt der Staat entweder direkt oder finanziert sie über subventionierte Kredite durch die staatliche Entwicklungsbank[11].

Ein weiterer Kostenfaktor ist der Ausbau der öffentlichen Nahverkehrsnetze. Hierfür ist eine Summe von 12 Mrd. Rl (ca. 3,6 Mrd. Euro) veranschlagt. Der Ausbau der Flughäfen soll 5,2 Mrd. Rl (ca. 1,55 Mrd. Euro) kosten. Darüber hinaus muss der Staat auch Investitionen in die öffentliche Sicherheit und die Verbesserung des Telekommunikationsnetzes unternehmen. Den Ausbau der Hotels, dessen Kosten schätzungsweise 3 Mrd. Rl (ca. 0.9 Mrd. Euro) betragen, übernehmen hingegen vorwiegend private Investoren[12].

Die weitere Verwendung der Bauwerke

Einer der wesentlichen Kritikpunkte an der Vorbereitung der Weltmeisterschaft besteht darin, dass die Weiterverwendung der Bauwerke in vielen Fällen nicht gewinnbringend sei. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Stadien. Es gibt einige Projekte, die nach den bisherigen Schätzungen auch wirtschaftlich rentabel sein werden. Beispielsweise ist die Konzession des Maracanã-Stadions in Rio de Janeiro bereits an einen privaten Investor vergeben[13]. Doch gibt es auch einige Stadien, bei denen kaum davon auszugehen ist, dass diese nach der Weltmeisterschaft noch rentabel arbeiten werden. Eines der extremsten Beispiele hierfür ist das Stadion in Manaus. Der größte Fußballclub der Region zieht bei seinen Spielen durchschnittlich 900 Besucher an. Das Stadion hingegen weist eine Kapazität von 43.500 Zuschauern auf[14]. Auch in den Städten Brasilia, Cuiabá und Natal ist kein Fußballverein vertreten, der in der höchsten brasilianischen Liga spielt, was ebenfalls erhebliche Zweifel an der zukünftigen Rentabilität der dortigen Stadien aufwirft[15].

Anders stellt sich die Situation hingegen bei den Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr dar. Dieser gilt als chronisch überlastet, sodass diese Investitionen auch nach der Weltmeisterschaft zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Einwohner beitragen können[16]. Ein ähnliches Bild ergibt sich hinsichtlich der Nutzung der Flughäfen. Diese arbeiten bereits seit Jahren an ihrer Kapazitätsgrenze, sodass ein Ausbau in diesem Bereich ebenfalls langfristig sinnvoll ist[17].

Negative Folgen der WM-Vorbereitungen

Neben den hohen Ausgaben, die für die Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft anfallen, gibt es noch weitere Punkte, die sich negativ auf die Bevölkerung auswirken. Hier ist die mangelhafte Sicherheit beim Bau der Stadien zu nennen. Im Dezember 2013 stürzte in Manaus ein Mann in die Tiefe und erlag später seinen Verletzungen. Dies war bereits das fünfte Todesopfer beim Bau der WM-Stadien. In São Paulo stürzte im Vormonat ein Kran um und tötete dabei zwei Arbeiter. Bereits zuvor ist es in Manaus und in Brasilia zu tödlichen Unfällen gekommen[18].

Ein weiteres großes Problem stellen die Zwangsumsiedlungen dar. Zwar sind derartige Maßnahmen im Rahmen der geplanten Großereignisse nicht vollständig auszuschließen, doch beklagen Menschenrechts-Gruppen, dass die Transparenz dabei sehr gering ist. Sie beanstanden, dass in vielen Fällen die Infrastrukturprojekte in den Armenvierteln entstehen, um die Entschädigungen so gering wie möglich zu halten. Die Maßnahmen betreffen schätzungsweise 170.000 Menschen. Die Menschenrechts-Vertreter sind der Meinung, dass die Entschädigungen oftmals unzureichend sind und die Menschen in Gebieten angesiedelt werden, in denen die Arbeitsmöglichkeiten nur gering sind[19].

Proteste gegen die Verwendung von Steuergeldern für die WM

Im Juni 2013 fanden schwere Proteste in Brasilien statt, an denen insgesamt etwa eine Million Menschen teilnahmen[20]. Der Auslöser für die Proteste war eine Fahrpreiserhöhung im öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus richteten sich die Proteste auch allgemein gegen die Misswirtschaft und die Verschwendung öffentlicher Gelder in Brasilien, gegen die hohe Korruption und gegen die Inflation, die die Kaufkraft der Menschen immer stärker reduziert[21].

Die Proteste fokussierten sich in ihrem Verlauf jedoch auch zunehmend auf die Ausrichtung der Weltmeisterschaft. Dabei kritisierten die Demonstranten die hohen Kosten, die durch die Vorbereitungen aufgeworfen wurden und forderten, dass diese Gelder in Bildung und das marode Gesundheitssystem investiert werden. Auch die Umsiedlungen standen im Mittelpunkt der Kritik[22].

Die Proteste stießen auf eine hohe Zustimmung in der brasilianischen Bevölkerung. Eine Umfrage ergab, dass 84 Prozent der Befragten die Anliegen der Demonstranten unterstützten[23].

Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit

Ein großes Problem für die Durchführung der Fußball-Weltmeisterschaft stellt die Sicherheit dar. Dabei spielen unterschiedliche Aspekte eine Rolle. Die Sicherheitslage könnte gefährdet werden, wenn die teilweise gewaltsamen Proteste aus dem Jahre 2013 wieder aufflammen. Die Veranstalter gehen zwar davon aus, dass die Polizei die Lage im Griff haben wird, doch ist zu erwarten, dass dafür ein erhebliches Aufgebot notwendig sein wird, was für die Stimmung bei der WM nicht zuträglich sein wird. Es kommt hinzu, dass die brasilianische Polizei als recht gewaltbereit gilt, was ebenfalls zu Problemen führen kann[24].

Ein anderes Problem stellt die hohe Kriminalitätsrate in Brasilien dar. Die Mordrate ist sehr hoch und in vielen Stadtvierteln kann die Polizei das staatliche Gewaltmonopol nicht aufrechterhalten. In diesem Bereich leitete die Polizei jedoch bereits frühzeitig Maßnahmen ein, um die Favelas aus der Macht der organisierten Kriminalität zu befreien[25].

Die positiven Auswirkungen der Fußball-WM auf Brasilien

Schließlich sind auch viele positive Auswirkungen der Weltmeisterschaft für das Gastgeberland zu erwarten. Dazu zählen die wirtschaftlichen Aspekte. Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass bereits die Vorbereitungen der Weltmeisterschaft Milliardengewinne für Brasilien mit sich bringen wird. Neben 30 Mrd. Rl (ca. 9 Mrd. Euro) an direkten Investitionen sollen die Vorbereitungen demnach weitere 112 Mrd. Rl. (ca. 34 Mrd. Euro) über die Produktionskette freisetzen. Die Vorbereitungen sollen außerdem 3,6 Millionen Jahresstellen schaffen, deren Lohneinkünfte sich wiederum positiv auf die Gesamtwirtschaft auswirken[26]. Auch die Weltmeisterschaft selbst soll einen sehr positiven Effekt auf die brasilianische Wirtschaft haben. Die Veranstalter gehen davon aus, dass etwa 600.000 Touristen die WM besuchen werden und dabei insgesamt 3,3 Mrd. US-Dollar ausgeben[27].

Darüber hinaus ist es jedoch zu erwarten, dass die Weltmeisterschaft auch zu einem besonderen Erlebnis für die brasilianische Bevölkerung wird. Dazu sollen zum einen die vergünstigten Ticketpreise für Einheimische sorgen. Während beispielsweise für ein Gruppenspiel der günstigsten Kategorie für die ausländischen Besucher Kosten von 175 US-Dollar anfallen, beträgt der Preis für die Einheimischen lediglich 350 Rl. - was nach dem aktuellen Wechselkurs etwa 145 US-Dollar ausmacht[28].

Schließlich ist auch davon auszugehen, dass die Weltmeisterschaft trotz aller Kritikpunkte zu einem großen Fest für die brasilianische Bevölkerung wird. Der Leiter des lokalen Organisationskomitees José Maria Marian sagte, dass er davon ausgehe, dass die Weltmeisterschaft ein unvergessliches Freudenfest werde[29]. Der bekannte brasilianische Politologe Wegenast sagte ebenfalls, dass er davon ausgehe, dass die Liebe zum Fußball die Unzufriedenheit überlagern werde[30]. Carlos Alberto Torres, der Kapitän der brasilianischen Mannschaft, die 1970 die Weltmeisterschaft gewann, bezeichnete Brasilien als ideale Bühne für ein Fußballfest. Er sagte mit Blick auf die Weltmeisterschaft: "Niemand feiert so gerne Feste wie die Brasilianer; das gilt umso mehr, wenn es sich um ein Fußballfest handelt."[31]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.portal2014.org.br/noticias/1220/COPA+2014+DEVE+GERAR+RENDA+DE+R+65+BI+DIZ+CONSULTORIA.html (portugiesisch)
  2. http://www.s-ge.com/sites/default/files/Fussball-WM%202014%20NEXT.pdf
  3. http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasiliens-fussballfest-auf-kosten-der-steuerzahler-1.18137431
  4. http://www.spiegel.de/politik/ausland/brasilien-massenproteste-gegen-wm-und-olympia-a-906376.html
  5. http://www.zeit.de/sport/2014-01/fussball-wm-brasilien-blatter-kritik-stadionbau
  6. http://www.s-ge.com/sites/default/files/Fussball-WM%202014%20NEXT.pdf
  7. http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/brasilien-ergreift-massnahmen-fuer-die-fussball-wm-2014-1.6764415
  8. http://www.dw.de/brasiliens-wettlauf-mit-der-zeit/a-16866705
  9. http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/maerkte,did=79900.html
  10. http://www.s-ge.com/sites/default/files/Fussball-WM%202014%20NEXT.pdf
  11. http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasiliens-fussballfest-auf-kosten-der-steuerzahler-1.18137431
  12. http://www.s-ge.com/sites/default/files/Fussball-WM%202014%20NEXT.pdf
  13. http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasiliens-fussballfest-auf-kosten-der-steuerzahler-1.18137431
  14. http://www.welt.de/sport/fussball/wm-2014/article116947831/Brasilien-baut-das-absurdeste-WM-Stadion-der-Welt.html
  15. http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasiliens-fussballfest-auf-kosten-der-steuerzahler-1.18137431
  16. http://www.dw.de/brasiliens-wettlauf-mit-der-zeit/a-16866705
  17. http://www.s-ge.com/sites/default/files/Fussball-WM%202014%20NEXT.pdf
  18. http://www.zeit.de/sport/2013-12/fussball-wm-stadion-brasilien-unfall
  19. http://www.dw.de/zwangsumsiedlungen-f%C3%BCr-wm-und-olympia/a-16272434
  20. http://www.nzz.ch/aktuell/international/uebersicht/eine-million-brasilianer-auf-den-strassen-1.18103084
  21. http://www.spiegel.de/politik/ausland/brasilien-massenproteste-gegen-wm-und-olympia-a-906376.html
  22. http://www.jornaldenegocios.pt/economia/educacao/detalhe/brasil_preparado_para_os_maiores_protestos_desde_o_inicio_das_manifestacoes.html (portugiesisch)
  23. http://noticias.r7.com/brasil/manifestacoes-agradam-a-84-dos-brasileiros-diz-pesquisa-ibope-06082013 (portugiesisch)
  24. http://www.dw.de/sicherheit-durch-gewalt/a-17267352
  25. http://www.lateinamerika-nachrichten.info/aktuelles/2013/polizei-besetzt-favelas-in-rio.html
  26. http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/brasiliens-fussballfest-auf-kosten-der-steuerzahler-1.18137431
  27. http://www.portal2014.org.br/noticias/1220/COPA+2014+DEVE+GERAR+RENDA+DE+R+65+BI+DIZ+CONSULTORIA.html (portugiesisch)
  28. http://de.fifa.com/worldcup/organisation/ticketing/prices-matches/index.html
  29. http://de.fifa.com/worldcup/news/newsid=1648137/
  30. http://www.dw.de/brasilien-2013-das-jahr-des-aufbruchs/a-17321598
  31. http://de.fifa.com/worldcup/news/newsid=1648137/
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