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Die Germanisch-Römischen Kriege bezeichnen eine Reihe von militärischen Konflikten zwischen der Römischen Republik beziehungsweise dem Römischen Reich und verschiedenen germanischen Stämmen. Diese Auseinandersetzungen erstreckten sich über mehrere Jahrhunderte, beginnend im späten 2. Jahrhundert v. Chr. bis zur endgültigen Auflösung des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. Sie prägten die Beziehungen zwischen Römern und Germanen und hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die politische und kulturelle Entwicklung Europas …

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Thing

Das Thing — Versammlung der germanischen Ältesten

Das altgermanische Thing war eine bedeutende Institution der germanischen Völker und diente als gesetzgebende Versammlung sowie als Gericht. Der Begriff „Thing“ leitet sich vom altnordischen „þing“ ab und bedeutet „Versammlung“ oder „Gericht“. Diese Form der Versammlung war ein grundlegender Bestandteil der politischen und sozialen Struktur germanischer Stämme und spielte eine wesentliche Rolle in ihrer kollektiven Entscheidungsfindung. Das Thing repräsentierte den freien Willen der Gemeinschaft und spiegelte den Wunsch nach gemeinschaftlicher Mitbestimmung und Gerechtigkeit wider. Im Unterschied zu den späteren monarchischen und feudalen Herrschaftsformen basierte das Thing auf der aktiven Teilnahme freier Stammesmitglieder, die über die Angelegenheiten ihres Stammes oder ihrer Gemeinschaft berieten.

Organisation und Durchführung

Das Thing fand in regelmäßigen Abständen an bestimmten Orten statt, die für die Versammlungen von symbolischer und strategischer Bedeutung waren. Häufig wurden diese Treffen an freien Plätzen, Hügeln oder unter heiligen Bäumen abgehalten, die als Versammlungsorte für die Gemeinschaft dienten. Der Ablauf des Things war von festen Traditionen geprägt. Der Gesetzessprecher, auch „Lögsögumaðr“ genannt, spielte eine zentrale Rolle und hatte die Aufgabe, die mündlich überlieferten Gesetze und Bräuche vorzutragen. Dieser Amtsträger besaß ein umfassendes Wissen über die Gesetzgebung und trug durch seine Rezitationen zur Stabilität und Kontinuität der Tradition bei. Streitigkeiten, die beim Thing verhandelt wurden, reichten von Landfragen und Erbstreitigkeiten bis hin zu schwereren Vergehen wie Mord und Verrat.

Teilnahme und gesellschaftliche Bedeutung

Die Teilnahme am Thing stand allen freien Männern offen, die das Recht hatten, ihre Stimme abzugeben und an den Diskussionen teilzunehmen. Frauen und unfreie Mitglieder der Gesellschaft waren in der Regel von der aktiven Teilnahme ausgeschlossen, hatten jedoch möglicherweise indirekten Einfluss durch die männlichen Familienmitglieder. Das Thing verkörperte das Ideal der Gleichheit und Selbstverwaltung unter den Freien und war ein wichtiger Bestandteil der sozialen Struktur. Es diente nicht nur der Gesetzgebung und der Rechtsprechung, sondern auch der Festigung des sozialen Zusammenhalts und der Bestätigung gemeinsamer Werte und Traditionen. Der Prozess des Beschlusses basierte auf Diskussion und Konsens, und jede getroffene Entscheidung musste die Zustimmung der Mehrheit finden, um gültig zu sein.

Gerichtsfunktion und Strafrecht

Neben seiner Funktion als Beratungsorgan war das Thing auch ein Ort der Rechtsprechung. Hier wurden Angeklagte vorgeführt, Beweise präsentiert und Urteile gefällt. Der Grundsatz, dass jede Anklage und jedes Urteil öffentlich sein musste, sicherte Transparenz und Verfahrensgerechtigkeit. Die Strafen, die beim Thing verhängt wurden, reichten von Geldbußen und Entschädigungszahlungen bis hin zu härteren Sanktionen wie Verbannung oder im Extremfall der Todesstrafe. Die Praxis der Rechtsprechung basierte auf einem komplexen System von Sühneleistungen und Entschädigungen, das darauf abzielte, die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten und Konflikte innerhalb der Gemeinschaft zu lösen. Oft wurde eine „Wergeld“-Zahlung als Ausgleich für erlittenes Unrecht festgesetzt, eine Form der Buße, die den sozialen Frieden wiederherstellen sollte.

Thingplätze und archäologische Befunde

Die Orte, an denen die Thing-Versammlungen abgehalten wurden, waren oft markant und symbolträchtig. Archäologische Funde haben Beweise für Thingplätze erbracht, die von prähistorischen Zeiten bis ins Mittelalter genutzt wurden. Solche Plätze waren häufig durch Steinkreise, Erdhügel oder andere Markierungen gekennzeichnet, die ihre Bedeutung als Versammlungsorte unterstrichen. In einigen Regionen Skandinaviens, wie etwa auf der schwedischen Insel Gotland, sind Thingplätze wie der „Tingshögen“ gut erhalten geblieben und geben Einblick in die Praktiken und Rituale der damaligen Gesellschaft. Diese Fundstätten sind wichtige Quellen für Historiker und Archäologen, um die politischen und sozialen Strukturen der germanischen Stämme zu rekonstruieren.

Wandel und Einfluss auf spätere Institutionen

Mit der Ausbreitung des Christentums und der Integration der germanischen Stämme in größere politische Einheiten veränderte sich auch die Rolle des Things. In vielen Regionen entwickelte sich das Thing zu einer eher repräsentativen Institution oder wurde durch königliche und feudale Gerichte ersetzt. Dennoch überlebten Elemente des Things in verschiedenen Formen bis in die Neuzeit. Das isländische Althing, das im Jahr 930 gegründet wurde, gilt als direkter Nachfolger der altgermanischen Thing-Tradition und wird oft als das älteste bestehende Parlament der Welt angesehen. Auch in anderen skandinavischen Ländern blieben regionale Thingversammlungen bis ins späte Mittelalter ein fester Bestandteil der politischen Landschaft und trugen zur Entwicklung moderner parlamentarischer Systeme bei.

Zusammenfassung

Das altgermanische Thing war ein zentraler Pfeiler der politischen und gesellschaftlichen Ordnung der germanischen Stämme. Es verkörperte die Prinzipien der kollektiven Entscheidung, des Rechts und der Mitbestimmung und trug wesentlich zur Stabilität und Identität der Gemeinschaft bei. Die Tradition des Things prägte nicht nur die germanische Kultur, sondern hinterließ auch Spuren in der politischen Entwicklung Europas, die bis in moderne demokratische Prinzipien nachwirken.

©1997—2025 Andreas Alexander Ulrich (Urheber)
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Siehe auch

Literaturverzeichnis

  • Hermann Conring: Der Ursprung des deutschen Rechts. Hrsg. von Michael Stolleis, übersetzt von Ilse Hoffmann-Meckenstock. Insel, Frankfurt am Main 1994, Kapitel 1 („Die germanischen Stämme lebten einst nicht nach geschriebenen Gesetzen“), S. 18–20.
  • Gerhard Dilcher, Eva-Marie Distler (Hrsg.): Leges – Gentes – Regna: zur Rolle von germanischen Rechtsgewohnheiten und lateinischer Schrifttradition bei der Ausbildung der frühmittelalterlichen Rechtskultur. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2006, ISBN 978-3-503-07973-5.
  • Gerhard Dilcher: Germanisches Recht. In: Albrecht Cordes, Heiner Lück, Dieter Werkmüller, Christa Bertelsmeier-Kierst (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Schmidt, Berlin 2009, ISBN 978-3-503-07911-7, Sp. 241–252.
  • Karl Kroeschell: Deutsche Rechtsgeschichte. Band 1: Bis 1250. 12. Auflage. Köln [u. a.]. Böhlau, Köln 2005, ISBN 978-3-8385-2734-5, S. 29–56.
  • Karl Kroeschell: Germanisches Recht als Forschungsproblem. In: Festschrift für Hans Thieme zu seinem 80. Geburtstag. Hrsg. von Karl Kroeschel. Thorbecke, Sigmaringen 1986, ISBN 978-3-7995-7050-3, S. 3–19.
  • Karl Kroeschell: Recht. In: Heinrich Beck (Hrsg.): Germanen, Germania, germanische Altertumskunde (Hoops RGA). 2., völlig neu bearbeitet und stark erweiterte Auflage. de Gruyter, Berlin / New York 1998, ISBN 3-11-016383-7, S. 215–228.
  • Urs Reber: Germanisches Recht. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Claudio Soliva: Thing. In: Historisches Lexikon der Schweiz.

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