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'''Sonja Gerstner''' (* [[13. Juni]] [[1952]] in [[Berlin]]; † [[8. März]] [[1971]] ebenda) war eine [[Deutschland|deutsche]] [[Maler]]in und [[Schriftsteller]]in.
   
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== Leben ==
'''Sonja Gerstner''', (*13. Juni 1952; † 8. März 1971) ist die jüngere Tochter des DDR-Journalisten [[Karl-Heinz Gerstner]].
 
 
Die jüngere Tochter des [[DDR]]-Journalisten [[Karl-Heinz Gerstner]] und der Modejournalistin [[Sibylle Boden-Gerstner]], Gründerin der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-Modezeitschrift „[[Sibylle (Zeitschrift)|Sibylle]]”, sowie jüngere Schwester [[Daniela Dahn]]s, zeigte mit 17 Jahren erste Symptome einer psychotischen Erkrankung. Mehrere Aufenthalte in der geschlossenen akutpsychiatrischen Station (mit Insulinkoma- und [[Elektrokrampftherapie]]) verstärkten Sonjas Hilflosigkeit und seelische Isolation. Ihre Versuche, sich verständlich zu machen, wurden zumeist ignoriert. Forderungen der Eltern nach psychotherapeutischer Betreuung blieben erfolglos. Sonja bekam Schwierigkeiten in Schule/Ausbildung, sollte sich auf den Rat der Ärzte hin von ihrem Freund trennen. Nach ihrem dritten Klinikaufenthalt wurde Sonja Gerstner im Dezember 1970 entlassen. Sie bezog eine eigene Wohnung, fühlte sich jedoch einsam und lebensunfähig. Am 8. März 1971 (dem [[Internationaler Frauentag|Internationalen Frauentag]]) setzte sie ihrem Leben ein Ende.
   
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== Werke ==
Sonja Gerstner zeigt mit 17 Jahren Symptome einer psychotischen Erkrankung. Mehrere Aufenthalte in der geschlossenen akutpsychiatrischen Station (mit Insulinkoma- und [[Elektrokrampftherapie]]) verstärken nur Sonjas Hilflosigkeit und seelische Isolation. Ihre Versuche, sich verständlich zu machen, werden zumeist ignoriert. Forderungen der Eltern nach psychotherapeutischer Betreuung bleiben erfolglos. Sonja bekommt Schwierigkeiten in Schule/Ausbildung, soll sich auf den Rat der Ärzte hin von ihrem Freund trennen. Hoffnungen und Ängste vertraut sie ihrem Tagebuch an. Daneben schreibt sie Gedichte, Songs und Briefe. Seit der ersten mutmaßlich psychotischen Episode entfaltet sich ihre große bildnerische Begabung.Sonjas originelle, surrealistisch-expressionistische, sinnlich anrührende Gemälde und Zeichnungen sind Ausdruck der vielschichtigen Ambivalenz von seelischer Überforderung und sozial engagierter, lieevoller und kreativer Auseinandersetzung mit sich und ihren Lebenserfahrungen. Nach ihrem dritten Klinikaufenthalt wird Sonja Gerstner im Dezember 1970 entlassen. Auf eigenen Wnsch bezieht sie eine eigene Wohnung, fühlt sich jedoch einsam und lebensunfähig. Am 8.3.1971 (dem DDR-"Frauentag") setzt sie ihrem Leben ein Ende.
 
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Hoffnungen und Ängste vertraute sie ihrem Tagebuch an. Daneben schrieb sie Gedichte, Lieder und Briefe. Seit der ersten mutmaßlich psychotischen Episode entfaltete sich ihre große bildnerische Begabung. Sonjas originelle, surrealistisch-expressionistische, sinnlich anrührende Gemälde und Zeichnungen sind Ausdruck der vielschichtigen Ambivalenz von seelischer Überforderung und sozial engagierter, liebevoller und kreativer Auseinandersetzung mit sich und ihren Lebenserfahrungen.
===Das Buch: ''Flucht in die Wolken''===
 
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Sonja Gerstners Gemälde und Zeichnungen befinden sich in der [[Hans Prinzhorn|Prinzhorn]]-Sammlung der Universität Heidelberg. Ihre Tagebücher, Briefe und andere Texte werden von der Familie archiviert.
Nach Sonjas Tod sucht die Mutter, Sibylle Gerstner-Boden (Schriftstellername: Sibylle Muthesius), Erklärungen für die tragische Entwicklung ihrer Tochter. In sechs Jahren Arbeit verfaßt sie ''Flucht in die Wolken'' als Zusammenstellung von Gedichten/Songtexten, Tagebuch- und Briefauszügen Sonjas, Reproduktionen ihrer Gemälde, Erinnerungen und Interpretationen der Mutter sowie von ihr hinzugefügten Literaturzitaten. Nach heftigen Auseinandersetzungenmit und innerhalb von DDR-Institutionen wird das Buch 1981 veröffentlicht im Buchverlag Der Morgen, Berlin (DDR). ''Flucht in die Wolken'' ist weltweit eines der ersten psychiatriekritischen Bücher aus Angehörigen- bzw. Betroffenensicht. Bald erscheinen Lizenzausgaben in der BRD (S.Fischer Verlag), Frankreich, Jugoslawien, Ungarn. In der DDR wird es zum Kultbuch und geht von Hand zu Hand. Die Autorin erhält hunderte von Leserbriefen und wird zu Lesungen eingeladen. Bis 1989 erscheinen in der DDR sechs Auflagen mit insgesamt 120 000 Exemplaren. (Absätze, die zunächst der Zensur zum Opfer gefallen waren, können in spätere Auflagen wieder eingefügt werden.)
 
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===Nachwirkungen===
 
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== Ausstellungen ==
Auf Grundlage des Buches entsteht ein gleichnamiges Theaterstück (Autorin: Heike Schmidt). Es wird in der Spielzeit 1991/92 von den Uckermärkischen Bühnen Schwedt uraufgeführt. Uli Schroedter (Gruppe ''takayo'') vertont Songtexte von Sonja Gerstner. Von der leipziger Psychiatriebetroffenen-Initiative ''Durchblick e.V.'' werden zwei Ausstellungen organisiert:
 
 
* ''Bilder und Texte von Sonja Gerstner'' (Galerie L.A., Leipzig, Mai/Juli 2004)
 
* ''Bilder und Texte von Sonja Gerstner'' (Galerie L.A., Leipzig, Mai/Juli 2004)
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* ''Psychiatrie im Spiegel eines DDR-Kultbuchs.'' (Sächsisches Psychiatriemuseum Leipzig, Sept./Dez. 2005)<ref>[http://www.durchblick-ev.de/psychiatriemuseum/museum-1.html Sächsisches Psychiatriemuseum Leipzig]</ref>
* ''Psychiatrie im Spiegel eines DDR-Kultbuchs'' (Sächsisches Psychiatriemuseum Leipzig, Sept./Dez. 2005) Sonja Gerstners Leidensgeschichte belegt auch für psychotische Krisen nachdrücklich die notwendige Orientierung von Therapie an individuelle Heilungsressourcen und subjektiver Sinnhaftigkeit. Im Hinblick auf die Praxis in psychiatrischen Kliniken hat die Dokumentation der Mutter ihre Aktualität bis heute nicht verloren. Sozialpsychiatrische Ansätze wie [[Recovery]] und [[Soteria]]ermöglichen therapeutische Ausblicke, wie sie u.a. von Sonjas Eltern schon damals gefordert wurden. Sonja Gerstner war ein vielfältig begabtes Mädchen auf der Suche nach ihrem Frau-Sein und sie war eine Künstlerin - oder hätte eine Künstlerin werden können, in welcher Weise auch immer. ''Ich bin revolutionär, nicht geistig gestört. Ich bin opferbereit, nicht nervenkrank.'' (Krankenhaustagebuch, November 1970) Sonja Gerstners Gemälde und Zeichnungen befinden sich in der [[Prinzhorn]]-Sammlung der Universität Heidelberg. Ihre Tagebücher, Briefe und andere Texte werden von der Familie archiviert.
 
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== Tagebuchbearbeitungen ==
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* Sibylle Muthesius (das ist: Sibylle Boden-Gerstner): ''Flucht in die Wolken.'' Buchverlag Der Morgen, Berlin/DDR 1981. (Eine Zusammenstellung von Gedichten/Songtexten, Tagebuch- und Briefauszügen Sonjas, Reproduktionen ihrer Gemälde, Erinnerungen und Interpretationen der Mutter sowie von ihr hinzugefügten Literaturzitaten.)
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** ''Flucht in die Wolken'': Frankfurt am Main : S. Fischer 1982 ISBN 3-10-050703-7
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** Übersetzung ins Ungarische durch Gergely Erzsébet. Magvető Kiadó, Budapest 1984, ISBN 963-14-0281-9.
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** ''Flucht in die Wolken.'' Morgenbuchverlag, Berlin 1992, ISBN 3-371-00361-2. (Textlich gekürzte Nach-Wende-Ausgabe ohne farbige Gemäldereproduktionen)
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* Auf Grundlage des Buches entstand ein gleichnamiges Theaterstück von Heike Schmidt. Es wurde in der Spielzeit 1991/92 von den [[Uckermärkische Bühnen Schwedt|Uckermärkischen Bühnen Schwedt]] uraufgeführt. Ulrich Schroedter (Gruppe [[Takayo]]) vertonte Songtexte von Sonja Gerstner.<ref>Hartmut Krug, ''Flott daneben. Uckermärkische Bühnen Schwedt: »Flucht in die Wolken« von Heike Schmidt nach Sibylle Muthesius-Boden'', [[Theater der Zeit]] 12/1991.</ref>
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== Autobiografie des Vaters ==
 
* Karl-Heinz Gerstner: ''Sachlich, kritisch, optimistisch''. edition ost, Berlin 1999, ISBN 3-932180-78-X.
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== Weblinks ==
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* [http://www.kunst-spektrum.de/html/prinzhorn1.html Sammlung Prinzhorn]
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== Einzelnachweise ==
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<references />
   
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==Literatur==
 
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* Sibylle Muthesius: ''Flucht in die Wolken'',Buchverlag Der Morgen, Berlin/DDR 1981
 
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* Karl-Heinz Gerstner: ''Sachlich, kritisch, optimistisch'' (Berlin 1999)
 
   
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==Weblinks==
 
   
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[[Kategorie:Gestorben 1971]]
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[[Kategorie:Frau]]

Aktuelle Version vom 19. Juli 2014, 20:51 Uhr

Sonja Gerstner (* 13. Juni 1952 in Berlin; † 8. März 1971 ebenda) war eine deutsche Malerin und Schriftstellerin.

Leben

Die jüngere Tochter des DDR-Journalisten Karl-Heinz Gerstner und der Modejournalistin Sibylle Boden-Gerstner, Gründerin der DDR-Modezeitschrift „Sibylle”, sowie jüngere Schwester Daniela Dahns, zeigte mit 17 Jahren erste Symptome einer psychotischen Erkrankung. Mehrere Aufenthalte in der geschlossenen akutpsychiatrischen Station (mit Insulinkoma- und Elektrokrampftherapie) verstärkten Sonjas Hilflosigkeit und seelische Isolation. Ihre Versuche, sich verständlich zu machen, wurden zumeist ignoriert. Forderungen der Eltern nach psychotherapeutischer Betreuung blieben erfolglos. Sonja bekam Schwierigkeiten in Schule/Ausbildung, sollte sich auf den Rat der Ärzte hin von ihrem Freund trennen. Nach ihrem dritten Klinikaufenthalt wurde Sonja Gerstner im Dezember 1970 entlassen. Sie bezog eine eigene Wohnung, fühlte sich jedoch einsam und lebensunfähig. Am 8. März 1971 (dem Internationalen Frauentag) setzte sie ihrem Leben ein Ende.

Werke

Hoffnungen und Ängste vertraute sie ihrem Tagebuch an. Daneben schrieb sie Gedichte, Lieder und Briefe. Seit der ersten mutmaßlich psychotischen Episode entfaltete sich ihre große bildnerische Begabung. Sonjas originelle, surrealistisch-expressionistische, sinnlich anrührende Gemälde und Zeichnungen sind Ausdruck der vielschichtigen Ambivalenz von seelischer Überforderung und sozial engagierter, liebevoller und kreativer Auseinandersetzung mit sich und ihren Lebenserfahrungen. Sonja Gerstners Gemälde und Zeichnungen befinden sich in der Prinzhorn-Sammlung der Universität Heidelberg. Ihre Tagebücher, Briefe und andere Texte werden von der Familie archiviert.

Ausstellungen

  • Bilder und Texte von Sonja Gerstner (Galerie L.A., Leipzig, Mai/Juli 2004)
  • Psychiatrie im Spiegel eines DDR-Kultbuchs. (Sächsisches Psychiatriemuseum Leipzig, Sept./Dez. 2005)[1]

Tagebuchbearbeitungen

  • Sibylle Muthesius (das ist: Sibylle Boden-Gerstner): Flucht in die Wolken. Buchverlag Der Morgen, Berlin/DDR 1981. (Eine Zusammenstellung von Gedichten/Songtexten, Tagebuch- und Briefauszügen Sonjas, Reproduktionen ihrer Gemälde, Erinnerungen und Interpretationen der Mutter sowie von ihr hinzugefügten Literaturzitaten.)
    • Flucht in die Wolken: Frankfurt am Main : S. Fischer 1982 ISBN 3-10-050703-7
    • Übersetzung ins Ungarische durch Gergely Erzsébet. Magvető Kiadó, Budapest 1984, ISBN 963-14-0281-9.
    • Flucht in die Wolken. Morgenbuchverlag, Berlin 1992, ISBN 3-371-00361-2. (Textlich gekürzte Nach-Wende-Ausgabe ohne farbige Gemäldereproduktionen)
  • Auf Grundlage des Buches entstand ein gleichnamiges Theaterstück von Heike Schmidt. Es wurde in der Spielzeit 1991/92 von den Uckermärkischen Bühnen Schwedt uraufgeführt. Ulrich Schroedter (Gruppe Takayo) vertonte Songtexte von Sonja Gerstner.[2]

Autobiografie des Vaters

  • Karl-Heinz Gerstner: Sachlich, kritisch, optimistisch. edition ost, Berlin 1999, ISBN 3-932180-78-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sächsisches Psychiatriemuseum Leipzig
  2. Hartmut Krug, Flott daneben. Uckermärkische Bühnen Schwedt: »Flucht in die Wolken« von Heike Schmidt nach Sibylle Muthesius-Boden, Theater der Zeit 12/1991.



Fairytale kdmconfig Profil: Gerstner, Sonja
Beruf deutsche Malerin und Schriftstellerin
Persönliche Daten
Geburtsdatum 13. Juni 1952
Geburtsort Berlin
Sterbedatum 8. März 1971
Sterbeort Berlin