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Ein Seminarschauspieler, auch als Rollenschauspieler / Trainingsschauspieler bekannt, ist ein Schauspieler, der im Bereich Training, Coaching und Assessment eingesetzt wird und auf Handeln und Kommunikation seiner Gegenübers reagiert. Im Gegensatz zu einem „normalen“ Menschen, wie z. B. Kollegen ist der Seminarschauspieler jedoch ausgebildet und nutzt alle gängigen Schauspiel- und Kommunikationstechniken. So werden Seminarschauspieler auch oft als Mystery Shopper eingesetzt.

Herkunft der Methode[]

Im Jahr 2005 brachte die niederländische Psychologin und Trainerin Wilma Pokorny-van Lochem die Methode der Seminarschauspieler aus den Niederlanden nach Deutschland.[1] Diese gilt dort als ein Qualitätsmerkmal für Trainings und Transfer.

Die Arbeit mit Seminarschauspielern geht ursprünglich auf Polizistenausbildung zurück. Ende der siebziger Jahre stellte die niederländische Polizeischule fest, dass ihre Schüler rechtlich gesehen gut ausgebildet waren, ihre sozialen Fähigkeiten jedoch oft zu Wünschen übrig ließen. Da Polizisten hauptsächlich mit Menschen arbeiten ist die soziale Kompetenz mindestens genau so wichtig wie die theoretischen Grundkenntnisse. Um die Studenten besser auf die Praxis vorzubereiten beschloss die Polizeischule, die soziale Kompetenz in Rollenspielen zu stärken. Die angehenden Polizisten waren allerdings nicht in der Lage, in die Rolle eines “normalen Bürgers” zu schlüpfen. Die Rollenspiele erzielten daraufhin nicht das gewünschte Ergebnis. Die Universität Amsterdam wurde um Hilfe gebeten und entwickelte eine völlig neue Methode. Sie ließ Schauspieler die Rolle des Bürgers übernehmen. In realen Situationen wurden die Schauspieler und die Polizisten gefilmt und anschließend mit den Aufnahmen konfrontiert. Es stellte sich schnell heraus, dass diese Lernmethode sehr viel effektiver war. Die Polizeiakademie beschloss diese Methode weiter auszubauen und erbaute eine echte Straße als Übungsstätte. Die Dozenten der Polizeiakademie erhielten eine besondere Schulung zur Begleitung der Rollenspiele. Die Methode der Seminarschauspieler war geboren. Heute ist die Ausbildung von Seminarschauspielern ein eigenständiges Studium über vier Jahre.

Diese Dozenten setzen die neue Lernmethode später auch für Trainings in der Wirtschaft ein. Das Interesse und die Begeisterung waren enorm. Von Jahr zu Jahr übernahmen immer mehr Trainer und Agenturen in den Niederlanden die Seminarschauspieler in Ihr Repertoire. Im September 2006 wurde das niederländische Konzept von Wilma Pokorny-van Lochem erstmalig einer deutschen Gruppe vorgestellt. Seitdem wurde diese Methode von zahlreichen Trainern in Deutschland übernommen und regelmäßig angewandt.

Einsatzgebiet und Aufgabe[]

Als Übungspartner werden die Seminarschauspieler sowohl im Training, Coaching oder Assessment eingesetzt. Im Gegensatz zum „klassischen Rollenspiel” ist der Seminarschauspieler für diese Methode speziell ausgebildet. Er agiert als Verhaltensexperte und soll auf das Handeln und die Kommunikation des Teilnehmers reagieren. Ein Feedback gehört ebenso in das persönliche Portfolio des Seminarschauspielers wie die Möglichkeit die Teilnehmer in ihrer Rolle zu spiegeln.

Sinn und Zweck[]

In den meisten Fällen arbeiten Seminarschauspieler als Gegenüber in Rollenspielen. Durch ihren objektiven Blickwinkel ist es ihnen möglich „neutrale Kunden“ zu spielen, was Trainern oder anderen Teilnehmern, die in der Regel über ein breites Hintergrundwissen verfügen, oftmals schwer fällt. Fehlt der Seminarschauspieler und die Teilnehmer spielen die Rollenspiele selbst, machen sie es sich gegenseitig oft extra leicht oder schwer. So wird häufig an der Realität vorbeigeübt und der Trainingserfolg bleibt aus. Zudem können Seminarschauspieler auf ihre schauspielerische Ausbildung zurückgreifen und so eine realitätsnahe Situation erschaffen. Im sogenannten 3-stufigen Rollenspiel mit dem Seminarschauspieler wird dem Teilnehmer ein Spiegel seines eigenen Verhaltens vorgehalten. Die Erfahrungen, die so gesammelt werden, sind dadurch besonders intensiv. Dieses Vorgehen führt zu einer nachhaltigen Verhaltensänderung und einer besseren Identifikation mit dem neuen Verhalten. Darüber hinaus gibt der Seminarschauspieler bereits im laufenden Rollenspiel ein Feedback aus seiner Rolle heraus, was die Wirkung seines eigenen Verhaltens auf andere für den Teilnehmer deutlich bewusster macht, als herkömmliche Methoden.

Ausbildung[]

Seminarschauspieler sind Verhaltensexperten im Rollenspiel, die jede gewünschte Rolle spielen und auf das Handeln und die Kommunikation des Teilnehmers reagieren. Eine exakte Interaktion und die Kenntnis der gängigen Kommunikationsmodelle sind hierbei grundlegend. Um dies zu gewährleisten benötigt ein Schauspieler nach seiner Schauspielausbildung eine langjährige Berufserfahrung und durchläuft dann in der Regel eine einjährige Ausbildung zum Seminarschauspieler. Nach der Ausbildung sind Seminarschauspieler in der Lage sich realistisch in die Rolle eines Kommunikationspartners aus dem Arbeitsumfeld des Teilnehmers hineinzuversetzen, so dass die Übung quasi „im eigenen Arbeitskontext“ stattfindet. Sie bleiben dabei so lange in dieser Rolle wie es für den Trainingserfolg erforderlich ist. Dabei lassen sie sich weder von Sympathie noch von Antipathie leiten oder von der Gruppe ablenken.

Literatur[]

  • Heinz Schuler, Uwe Peter Kanning: Lehrbuch der Personalpsychologie. Hogrefe Verlag 2014, ISBN 3-840-92363-8. S. 233.
  • Bernd Kalheber: Arbeit mit Seminarschauspielern. Erfrischend anders und extrem spannend. In: Backstein, Zeitschrift der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Mecklenburg-Vorpommern, S. 10–14.

Weblinks[]

Einzelnachweise[]

  1. Albrecht Kresse: Edutrainment: Besser, schneller, einfacher Lernen im Unternehmen. Gabal Verlag 2014, ISBN 3-956-23082-5 S. 136 f.
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