Russland, Russische Föderation, Abkürzung RF, Russländische Föderation, amtlich russisch Rossiskaja Federazija, Staat in Osteuropa und Nordasien (Sibirien und Ferner Osten), mit 17 098 240 km² größter Staat der Erde. Das Land grenzt im Nordwesten an Norwegen, Finnland, Estland und Lettland sowie mit der Exklave des Gebiets Kaliningrad an Litauen und Polen; im Westen und Südwesten des europäischen Teils an Weißrussland und die Ukraine; im Süden an Georgien und Aserbaidschan (in Kaukasien) sowie an Kasachstan; im östlichen Süden des asiatischen Teils grenzt Russland an die Mongolei, an China und am Japanischen Meer auf wenigen Kilometern an Nord-Korea. Meeresküsten besitzt Russland zur Ostsee, zum Schwarzen, Asowschen und Nordpolarmeer sowie zum Pazifischen Ozean und seinen Nebenmeeren (Bering-, Ochotskisches und Japanisches Meer). Von der Bevölkerung sind rund 81 % Russen, daneben gibt es über 200 nationale Minderheiten.
Landesnatur
Russland erstreckt sich von der Danziger Bucht im Westen bis an die Beringstraße im Osten, zwischen dem Nordpolarmeer im Norden und den Bergländern Südsibiriens und dem Großen Kaukasus im Süden. Der Ural trennt die Osteuropäische Ebene und das Westsibirische Tiefland mit den Hauptströmen Ob und Irtysch. An die von der Wolga durchflossene Osteuropäische Ebene schließen sich im Norden der Baltische Schild und im Süden Nordkaukasien bis zum Kaukasuskamm (Elbrus mit 5 642 m höchster Berg Russlands) an. Östlich des Jenissej folgt bis zur Lena das Mittelsibirische Bergland, östlich der Lena gliedern sich die Gebirge Ostsibiriens (u. a. Werchojansker, Kolyma- und Tschersker Gebirge) an. Am Pazifischen Ozean bilden die Halbinsel Kamtschatka und die Inselkette der Kurilen den Abschluss des Landes.
Klima
Russland hat in Nordsibirien arktisches Klima (mit den Kältepolen der Erde bei Ojmjakon und Werchojansk) und an der Schwarzmeerküste subtropisches Klima. Der größte Teil des Landes gehört zur gemäßigten Zone und ist ausgesprochen kontinental. Die arktischen Inselgruppen zählen zum Gürtel der polaren Kältewüsten. Es folgt die Tundrenzone (in Europa 50 km, in Asien bis 300 km breit), daran schließt die Taiga an, die mehr als die Hälfte der Gesamtfläche aller Nadelwälder der Erde umfasst. Weiter nach Süden folgt der Übergang zu Misch- und Laubwaldgürteln sowie zu Steppengebieten.
Wirtschaft
Klimatisch bedingt können nur 13 % der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt werden. Hierbei hat die Viehzucht größere Bedeutung als der Pflanzenbau. Im Ackerbau dominiert das Getreide vor Futterpflanzen und anderen Kulturen (zum Beispiel Zuckerrüben und Sonnenblumen). Russland besitzt enorme Bodenschätze, darunter etwa 20 % aller Gold- und 50 % aller Kohle-, Gas- und Erdölvorkommen der Erde. Neben der Eisen- und Nichteisenerzverhüttung finden sich Maschinen-, Fahrzeug- und Gerätebau (vor allem im Wolgagebiet, im Nordwesten, im Ural und in Moskau). Chemische und Erdöl verarbeitende Industrie gibt es im zentraleuropäischen und nordwestlichen Teil, im Wolgagebiet und im Ural. Holzindustrie ist in den nördlichen und östlichen Landesteilen, Textilindustrie im zentralen und europäischen Teil vertreten.
Verkehr
Das Verkehrsnetz nimmt in seiner Dichte nach Osten hin ab und ist östlich des Urals sehr weitmaschig. Durch Sibirien verläuft die Transsibirische Eisenbahn sowie weiter südlich die Baikal-Amur-Magistrale. Große Bedeutung hat in Sibirien und im Fernen Osten der Flugverkehr. Die Schifffahrt ist durch die lange Vereisungszeit der Flüsse behindert. Wichtigste Seehäfen sind Nachodka, Wladiwostok, St. Petersburg, Murmansk, Archangelsk, Noworossisk und Astrachan.
Geschichte
Die Entstehung des Russischen Reichs geht auf Normannen (Waräger) zurück, die im 9. Jahrhundert Herrschaften in Nowgorod und Kiew errichteten, die dann im Kiewer Reich zusammengeschlossen wurden. Dieses bald slawisierte und seit dem 10. Jahrhundert christliche (orthodoxe) Reich erlebte seine Blütezeit im 11. Jahrhundert; dann zerfiel es in Teilreiche, die den Mongoleneinfällen des 13. Jahrhunderts erlagen. Das politische Schwergewicht verlagerte sich nach Moskau. Iwan III. (Großfürst von Moskau 1462–1505) befreite Russland von der Mongolenherrschaft und machte es zu einem Einheitsstaat, in dem er als »Selbstherrscher« unumschränkt regierte. Der 1547 zum ersten »Zaren von ganz Russland« gekrönte Iwan IV., der Schreckliche, befestigte die Zentralgewalt und dehnte die Herrschaft Moskaus bis zum Kaspischen Meer aus. Der Druck der Grundherren lastete besonders auf den Bauern. Ab 1582 wurde Sibirien erschlossen. Mit dem Tod des Zaren Boris Godunow 1605 begann die »Zeit der Wirren«; verschiedene Betrüger, die sich als Thronfolger Dmitri (der unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommene Sohn Iwans IV.) ausgaben, versuchten die Herrschaft an sich zu reißen.
Ab 1613 regierte das Haus Romanow, das Russische Reich festigte sich wieder. 1654 kam die Ukraine unter russische Oberhoheit, die weitere Eroberungspolitik richtete sich gegen die Türkei. Peter I., der Große, der 1682–1725 Zar (ab 1721 Kaiser) war, versuchte die westeuropäische Lebensweise an seinem Hof und für sein Land durchzusetzen; er gründete 1703 St. Petersburg als neue Hauptstadt. Im Nordischen Krieg gegen Schweden erwarb er die Ostseeprovinzen, Russland wurde nun europäische Großmacht. Katharina II., die Große (Kaiserin 1762–96), gewann die Schwarzmeerküste, die bis dahin zum Osmanischen Reich gehört hatte, und in den Polnischen Teilungen (1772, 1793, 1795) Litauen, Kurland, Weißrussland sowie Teile der Westukraine.
Im Kampf gegen Napoleon I., der 1812 einen erfolglosen und verlustreichen Feldzug gegen Russland unternahm, stärkte Russland seine europäische Stellung; Bessarabien und das Königreich Polen wurden russisch. Mit dem Kaiser von Österreich und dem König von Preußen schloss Alexander I. (Kaiser 1801–25) 1815 die Heilige Allianz. Die Zaren des 19. Jahrhunderts unterdrückten mehrfach Freiheitsbewegungen im eigenen Land oder in anderen Ländern. Die sozialen Spannungen in Russland wurden trotz innerer Reformen nicht gelöst, auch nicht durch die Bauernbefreiung von 1861, die die Leibeigenschaft aufhob. Außenpolitisch war das 19. Jahrhundert durch Eroberungsstreben bestimmt sowie durch eine Politik, die alle slawischen Völker einigen sollte (Panslawismus). Auf dem Balkan (Krimkrieg 1853–56, Russisch-Türkischer Krieg 1877/78) geriet Russland dadurch in Gegensatz zu Österreich-Ungarn.
Als Russland im Krieg gegen Japan (1904–05) eine vernichtende Niederlage erlitt, kam es zu einer Revolution, die den Zaren zu – letztlich nicht ausreichenden – Zugeständnissen an die bürgerliche Opposition zwang. Nach schweren Niederlagen im Ersten Weltkrieg, der eine seiner Ursachen in den Spannungen zwischen Russland und Österreich-Ungarn auf dem Balkan hatte und an dem Russland als Gegner von Deutschland und Österreich-Ungarn teilnahm, brach im März 1917 eine Revolution aus, durch die Nikolaus II. (Kaiser ab 1894) gestürzt wurde. In Russland wurde die Republik ausgerufen, die durch die bolschewistische Oktoberrevolution desselben Jahres beseitigt wurde. Im März 1918 wurde der Friede von Brest-Litowsk (Weißrussland) mit den Mittelmächten geschlossen, am 7. Juli 1918 die Verfassung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) angenommen, im Dezember 1922 dann durch Zusammenschluss der einzelnen Sowjetrepubliken die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR, Sowjetunion) gegründet.
Nach deren Zusammenbruch (1991) gehörte Russland zu den Gründungsmitgliedern der GUS, als deren Führungsmacht es sich etablieren konnte. Unter Boris Jelzin (Staatspräsident 1991–99) kam es zunächst zu zaghaften gesellschaftlichen und ökonomischen Reformen sowie zu einer vorsichtigen Annäherung Russlands an die westlichen Länder. Der Machtkampf zwischen Präsident und Parlament, ausgelöst und befördert durch einen zunehmend autoritären Regierungsstil Jelzins, durch häufig wechselnde Regierungen und die kritische wirtschaftliche Situation des Landes, gipfelte 1993 in bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen. Eigenständigkeitsbestrebungen einzelner Teilrepubliken der Russischen Föderation unterdrückte Russland mit militärischer Gewalt. 1999 wurde Wladimir Putin Ministerpräsident. Im gleichen Jahr begann Russland erneut einen blutigen militärischen Feldzug gegen muslimische Rebellen in Tschetschenien. Ende 1999 trat Jelzin als Präsident zurück, Nachfolger wurde Putin, der bei den Wahlen im Frühjahr 2000 im Amt bestätigt wurde. Im Innern verfolgt Putin einen autoritär-zentralistischen Kurs. Die russische Außenpolitik betonte den Großmachtstatus des Landes, zeigte sich jedoch auch um eine Öffnung zum Westen bemüht. Die Vollmitgliedschaft bei den G8-Staaten (seit 2002) bedeutete einen erheblichen außenpolitischen Prestigegewinn. Die Präsidentschaftswahlen 2004 gewann Putin mit überwältigender Mehrheit. Pläne der USA zur Stationierung eines Raketenabwehrsystems in Osteuropa verhärteten 2007 die russisch-amerikanischen Beziehungen. 2008 wurde Dimitri Medwedjew (* 1965) zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Putin wechselte ins Amt des Ministerpräsidenten. Die langjährigen außenpolitischen Spannungen mit Georgien eskalierten im August 2008. Im Konflikt um Südossetien intervenierte die russische Armee. Der Konflikt mit Georgien sowie die nachfolgende Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens durch Russland belasteten die Beziehungen zur EU und zu den USA. 2012 wurde Putin erneut zum Präsidenten gewählt, Medwedjew wurde wieder Ministerpräsident.
2013 wurde die Ukraine von Russland wegen ausstehender Gasrechnungen unter Druck gesetzt. Nach dem politischen Umsturz in der Ukraine 2014 unterstützte Russland militärisch die sezessionistischen prorussischen Kräfte auf der Krim. In einem Referendum sprachen sich 96,8 % der Abstimmenden für einen Anschluss der Halbinsel an Russland aus. Die Krim und Sewastopol wurden als neue Föderationssubjekte in die Russische Föderation eingegliedert. Das russische Vorgehen führte zu wachsenden Spannungen im Verhältnis zu den westlichen Staaten. Die OECD brach Verhandlungen über einen Beitritt Russlands ab. Es folgten Wirtschafts- und Visasanktionen der EU, der USA und Kanadas. 2015 einigten sich die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine auf eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand für die Ost-Ukraine. Doch die Waffenruhe wird immer wieder gebrochen.
Am 18. März 2018 wurde Wladimir Putin zum vierten Mal zum Präsidenten gewählt.