Griechische Mythologie bezeichnet die Gesamtheit der Mythen und Sagen des antiken Griechenlands, die die religiösen Vorstellungen, kulturellen Werte und historischen Erfahrungen der griechischen Welt reflektieren. Diese Mythen dienten nicht nur der Unterhaltung, sondern hatten auch eine pädagogische, religiöse und soziale Funktion. Sie wurden mündlich überliefert und später durch Werke wie die „Ilias“ und die „Odyssee“ des Homer sowie durch Hesiods „Theogonie“ schriftlich fixiert.
Ursprung und Entwicklung
Die Ursprünge der griechischen Mythologie liegen in der prähistorischen Ära und reichen in die Mykenische Zeit (ca. 1600 bis 1100 v. Chr.) zurück. Archäologische Funde belegen, dass frühe religiöse Vorstellungen bereits in dieser Epoche existierten. Die mythologischen Erzählungen entwickelten sich jedoch erst in der archaischen Zeit (800 bis 500 v. Chr.) zu einem kohärenten System. Einflüsse aus dem Alten Orient und Ägypten prägten die frühen griechischen Mythen erheblich. Gleichzeitig entstanden mythologische Themen wie die Schöpfung der Welt, der Kampf zwischen den Göttern und die Etablierung einer kosmischen Ordnung.
Im Laufe der Zeit wurden die Mythen durch Dichter und Philosophen weiterentwickelt. In der klassischen Periode (500 bis 323 v. Chr.) fand eine systematische Verschriftlichung statt, und es entstanden verschiedene Versionen einzelner Mythen, die oft je nach Region und Autor variierten. Später, in der hellenistischen und römischen Zeit, wurden die griechischen Mythen von Autoren wie Apollodor und Ovid neu interpretiert und in eine literarische Form gegossen.
Kosmogonie und die Theogonie
Ein zentraler Aspekt der griechischen Mythologie ist die Kosmogonie, die Erzählung von der Entstehung der Welt. Laut Hesiods „Theogonie“ entstand zuerst Chaos, aus dem Gaia (die Erde), Tartaros (die Unterwelt) und Eros (die Liebe) hervorgingen. Gaia gebar anschließend Uranos (den Himmel) und zeugte mit ihm die Titanen, Kyklopen und Hekatoncheiren. Uranos jedoch unterdrückte seine Nachkommen, bis Kronos, der jüngste Titan, ihn entmachtete.
Die Theogonie beschreibt auch die nachfolgende Herrschaft der Olympischen Götter, die von Zeus angeführt werden. Zeus stürzte seinen Vater Kronos und besiegte die Titanen im sogenannten Titanomachos. Nach diesem kosmischen Kampf etablierte Zeus eine neue göttliche Ordnung, in der er als oberster Gott herrschte. Diese Erzählung symbolisiert den Übergang von Chaos zu Kosmos und spiegelt das Streben nach Harmonie wider.
Olympische Götter
Die Olympischen Götter bilden das zentrale Pantheon der griechischen Mythologie. Sie residieren auf dem Olymp und repräsentieren verschiedene Aspekte des Lebens und der Natur. Zu ihnen gehören Zeus, Hera, Poseidon, Demeter, Athene, Apollon, Artemis, Ares, Aphrodite, Hephaistos, Hermes und Hestia. Jeder dieser Götter hatte spezifische Aufgaben und wurde in Kulten verehrt, die oft mit lokalen Traditionen verknüpft waren.
Die Beziehungen zwischen den Göttern waren von Rivalitäten, Eifersucht und Intrigen geprägt, was die anthropomorphen Eigenschaften der griechischen Götter betont. Diese menschlichen Eigenschaften machten sie für die Menschen nahbar und erklärten zugleich das unberechenbare Verhalten der Natur.
Helden und Heroen
Ein bedeutender Bestandteil der griechischen Mythologie ist die Heroenverehrung. Helden wie Herakles, Theseus, Perseus und Achilleus spielten eine zentrale Rolle in der mythologischen Tradition. Ihre Geschichten handeln oft von Mutproben, Kämpfen gegen monströse Gegner und Reisen in ferne Länder. Diese Mythen verdeutlichen die Ideale der griechischen Gesellschaft, wie Tapferkeit, Ehre und Loyalität.
Die Geschichten der Helden sind eng mit den Mythen der Götter verwoben. Herakles, ein Sohn des Zeus, wurde etwa für seine zwölf Arbeiten berühmt, die er auf Geheiß des Königs Eurystheus ausführte. Diese Taten symbolisieren den Triumph des Menschen über Chaos und Wildnis.
Mythen und Rituale
Die griechische Mythologie hatte eine enge Verbindung zur Religion und beeinflusste die Rituale und Kulte des antiken Griechenlands. Mythen dienten dazu, die Ursprünge von Bräuchen und Festen zu erklären und ihnen eine tiefere Bedeutung zu verleihen. So wurde beispielsweise das Eleusinische Mysterium durch den Mythos von Demeter und Persephone inspiriert, der den Wechsel der Jahreszeiten symbolisiert.
Die Mythen waren auch ein integraler Bestandteil von Dramen und Dichtungen, die bei religiösen Festen aufgeführt wurden. Tragödien und Komödien griffen häufig mythologische Themen auf und boten den Zuschauern eine Möglichkeit, sich mit den zentralen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen.
Rezeption und Einfluss
Die griechische Mythologie hat die westliche Kultur nachhaltig geprägt. Ihre Themen und Figuren inspirierten nicht nur antike Künstler und Philosophen, sondern auch die Literatur, Kunst und Wissenschaften der Neuzeit. Werke wie Dante Alighieris „Göttliche Komödie“, die Gemälde der Renaissance und moderne Filme greifen häufig auf die griechischen Mythen zurück.
Der Einfluss der griechischen Mythologie ist auch in der Sprache erkennbar. Begriffe wie „Achillesferse“, „Oedipuskomplex“ oder „herkulische Aufgabe“ stammen direkt aus den griechischen Mythen und sind zu festen Bestandteilen des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden.
Moderne Interpretation
Die moderne Forschung betrachtet die griechische Mythologie aus verschiedenen Perspektiven. Während der 19. und 20. Jahrhundert wurden insbesondere psychologische und strukturalistische Ansätze entwickelt. Sigmund Freud und Carl Gustav Jung interpretierten die Mythen als Ausdruck kollektiver menschlicher Erfahrungen und innerer Konflikte. Gleichzeitig untersuchten Anthropologen und Historiker die sozialen und politischen Kontexte, in denen die Mythen entstanden.
Die griechische Mythologie bleibt ein faszinierendes Studienfeld, das tiefgehende Einblicke in die Weltanschauung und das kulturelle Erbe des antiken Griechenlands bietet.
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Literaturverzeichnis
Einführungen
- Reiner Abenstein: Griechische Mythologie. KulturKompakt. UTB, 2. Aufl. 2007
- Jan N. Bremmer (Hrsg.): Interpretations of Greek Mythology. London 1988, ISBN 0-415-03451-5. Volltext
- Charles Delattre: Manuel de mythologie grecque. Éditions Bréal, Paris 2005, (Auszüge online).
- Fritz Graf: Griechische Mythologie. Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-69041-2.
- Simon R. F. Price: Religions of the Ancient Greeks. Cambridge 2006, ISBN 0-521-38867-8 (Nachdr. d. Ausg. Cambridge 1999).
- Ludwig Radermacher: Mythos und Sage bei den Griechen. Baden bei Wien 1938
- Die Unsterblichen – Götter Griechenlands. Kunstverlag Josef Fink. Lindenberg 2012, ISBN 978-3-89870-767-1 (Begleitbuch zur Sonderausstellung in der Staatlichen Antikensammlung und Glyptothek in München mit ausführlichen Essays zahlreicher Wissenschaftler)
Wissenschaftliche Nachschlagewerke
- Herbert Hunger: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Wien 1953
- Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae: LIMC. Artemis-Verlag, Zürich, München, Bd. 1–9, 1981–1999
- Michel Mathieu-Colas: Lexique des divinités grecques et romaines. Les Belles Lettres, Paris 2024.
- Ludwig Preller: Griechische Mythologie. Erneuert von: Carl Robert, 4. Auflage, Berlin 1894–1921
- Wilhelm Heinrich Roscher: Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Teubner, Leipzig 1886–1937
Lexika und Handbücher
- Michael Grant: Mythen der Griechen und Römer. Zürich 1964
- Michael Grant, John Hazel: Lexikon der antiken Mythen und Gestalten. München 1976
- Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen. dtv, München
- 1. – Die Götter- und Menschheitsgeschichten. 2003, ISBN 3-423-30030-2. (Erstdruck Zürich 1951)
- 2. – Die Heroen-Geschichten. 2004, ISBN 3-423-30031-0. (Erstdruck Zürich 1958)
- Robert Ranke-Graves: Griechische Mythologie. Quelle und Deutung (Rowohlts Enzyklopädie), Reinbek 2003, ISBN 3-499-55404-6. (Erstdruck Reinbek 1960)
- Herbert Jennings Rose: Griechische Mythologie. Ein Handbuch. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49458-7.
- Edward Tripp: Reclams Lexikon der antiken Mythologie. Reclam, Stuttgart 2001, ISBN 3-15-010451-3.
Nacherzählungen
- Gustav Schwab: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums. dtv, München 2005, ISBN 3-423-70314-8.
- Michael Köhlmeier: Das große Sagenbuch des klassischen Altertums. Piper, Oktober 2002, ISBN 978-3-492-23804-5.