Die Germanenkriege des Augustus waren eine Reihe von militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem Römischen Reich und verschiedenen germanischen Stämmen. Diese Kriege erstreckten sich von etwa 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. und wurden unter der Herrschaft von Kaiser Augustus geführt. Sie sind Teil der römischen Bestrebungen, Germanien nördlich des Rheins als Provinz zu erobern und zu integrieren. Diese Bemühungen scheiterten jedoch nach der verheerenden Niederlage der Römer in der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr.
Vorgeschichte
Die Germanenkriege des Augustus stehen im Kontext der römischen Expansionspolitik, die bereits während der späten Republik eingeleitet wurde. Nach der Eroberung Galliens durch Gaius Iulius Caesar in den Jahren 58 bis 50 v. Chr. geriet das Römische Reich in direkten Kontakt mit den germanischen Stämmen, die östlich des Rheins lebten. Caesar selbst hatte kleinere militärische Expeditionen über den Rhein durchgeführt, doch es war Augustus, der die systematische Eroberung Germaniens plante.
Das Ziel der Eroberung Germaniens war sowohl militärisch als auch wirtschaftlich motiviert. Neben der Absicherung der Nordgrenze des Reiches erhoffte man sich auch reiche Erträge aus den natürlichen Ressourcen des Landes.
Erste Feldzüge (12 bis 9 v. Chr.)
Die ersten größeren römischen Militäroperationen gegen die Germanen begannen im Jahr 12 v. Chr. unter der Führung des späteren Kaisers Tiberius, dem Stiefsohn von Augustus. Er wurde beauftragt, militärisch gegen die germanischen Stämme vorzugehen, die häufige Überfälle auf gallisches Territorium unternahmen.
In den Jahren 12 bis 9 v. Chr. drangen die Römer unter Tiberius und Drusus, einem weiteren Stiefsohn des Augustus, tief in germanisches Gebiet vor. Drusus gelang es, den Rhein zu überqueren und militärische Operationen entlang der Flüsse Lippe und Weser durchzuführen. Er errichtete mehrere militärische Stützpunkte und Festungen und drang bis zur Elbe vor. In dieser Zeit unterwarfen die Römer mehrere germanische Stämme, darunter die Sugambrer, die Usipeter und die Chatten.
Tod des Drusus und die Fortführung der Eroberungen
Im Jahr 9 v. Chr. starb Drusus unerwartet nach einem Reitunfall, was einen Rückschlag für die römischen Eroberungspläne darstellte. Tiberius übernahm daraufhin das Kommando über die römischen Truppen und setzte die Kampagnen in Germanien fort. Trotz mehrerer militärischer Erfolge blieben die Gebiete östlich des Rheins politisch instabil, da sich viele germanische Stämme weigerten, die römische Herrschaft dauerhaft anzuerkennen.
Schlacht im Teutoburger Wald (9 n. Chr.)
Der Wendepunkt der römischen Eroberungsversuche in Germanien war die Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 n. Chr. In dieser Schlacht wurde ein römisches Heer unter dem Kommando des Varus von einem Bündnis germanischer Stämme unter der Führung des Cheruskerfürsten Arminius vollständig vernichtet. Die Schlacht, die in einem dichten Waldgebiet stattfand, führte zum Tod von etwa 20.000 römischen Soldaten und gilt als eine der schwersten Niederlagen in der römischen Militärgeschichte.
Die Niederlage zwang die Römer, sich auf das Gebiet westlich des Rheins zurückzuziehen und die Pläne zur vollständigen Eroberung Germaniens aufzugeben. Fortan war der Rhein die Nordgrenze des Römischen Reiches.
Germanenkriege nach der Varusniederlage (10 bis 16 n. Chr.)
Nach der katastrophalen Niederlage im Teutoburger Wald unternahmen die Römer mehrere Versuche, ihre militärische Präsenz in Germanien wiederherzustellen. Ab 10 n. Chr. führte Germanicus, ein Neffe des Tiberius, mehrere Vergeltungsfeldzüge gegen die Germanen. In den Jahren 14 bis 16 n. Chr. unternahm Germanicus mehrere großangelegte Feldzüge, bei denen er einige Erfolge erzielte, darunter die Rückeroberung von römischen Standarten, die in der Varusschlacht verloren gegangen waren.
Trotz dieser Erfolge entschied sich Tiberius im Jahr 16 n. Chr. endgültig, die Eroberung Germaniens aufzugeben. Die Römer zogen sich dauerhaft auf die linksrheinischen Gebiete zurück, und der Rhein blieb für die nächsten Jahrhunderte die Grenze des Imperiums.
Bedeutung der Germanenkriege des Augustus
Die Germanenkriege des Augustus markieren einen Wendepunkt in der römischen Expansionspolitik. Die Niederlage im Teutoburger Wald zeigte die Grenzen der römischen Macht und führte zu einer strategischen Neuausrichtung des Reiches. Anstatt weitere Eroberungen in nördliche und östliche Gebiete anzustreben, konzentrierte sich Rom fortan auf die Konsolidierung der bestehenden Provinzen und die Sicherung der Grenzen.
Zudem hatten die Kriege einen großen Einfluss auf die römische Geschichtsschreibung und das Selbstverständnis des Imperiums. Autoren wie Tacitus und Sueton beschrieben die Germanen als wilde, unbesiegbare Barbaren, was das Bild der Germanen in der römischen und späteren europäischen Wahrnehmung stark prägte.
Quellenlage
Die hauptsächlichen Quellen über die Germanenkriege des Augustus stammen aus der römischen Geschichtsschreibung. Zu den wichtigsten römischen Historikern, die über diese Kriege berichteten, zählen Tacitus, Cassius Dio und Velleius Paterculus. Allerdings sind diese Berichte oft stark parteiisch und müssen kritisch betrachtet werden.
Archäologische Funde, wie zum Beispiel die Reste römischer Militärlager und Waffen, bieten ergänzende Informationen über die Kriegsführung und die Präsenz der Römer in Germanien.
Siehe auch
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Literatur
Monographien
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- Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus. Überarbeitete Auflage München 2015.
- Gustav Adolf Lehmann: Imperium und Barbaricum. Neue Befunde und Erkenntnisse zu den römisch-germanischen Auseinandersetzungen im nordwestdeutschen Raum – von der augusteischen Okkupationsphase bis zum Germanen-Zug des Maximinus Thrax (235 n. Chr.). Wien 2011.
- Klaus Tausend: Im Inneren Germaniens. Beziehungen zwischen den germanischen Stämmen vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr. (= Geographica Historica. Band 25). Stuttgart 2009.
- Dieter Timpe: Der Triumph des Germanicus. Untersuchungen zu den Feldzügen der Jahre 14–16 n. Chr. in Germanien. Bonn 1968.
- Dieter Timpe: Arminius-Studien. Heidelberg 1970.
- Reinhard Wolters: Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien. Zur Entstehung und Bedeutung der sogenannten Klientel-Randstaaten. Bochum 1990.
- Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien. 1., durchgesehene, aktualisierte und erweiterte Paperback-Auflage. C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-69995-5 (Originalausgabe: München 2008; 2. durchgesehene Auflage: München 2009).
- Reinhard Wolters: Die Römer in Germanien. 6. durchgesehene und aktualisierte Auflage. München 2011.
Aufsätze und Lexikon-Beiträge
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- Bruno Krüger (Hrsg.): Die Germanen. Band 1. Berlin 1978.
- Johann-Sebastian Kühlborn et al. (Hrsg.): Rom auf dem Weg nach Germanien. Geostrategie, Vormarschstraßen und Logistik. Internationales Kolloquium in Delbrück-Anreppen vom 4.–6.11.2004 (= Bodenaltertümer Westfalens 45). Mainz 2008.
- Gustav Adolf Lehmann, Rainer Wiegels (Hrsg.): „Über die Alpen und über den Rhein…“. Beiträge zu den Anfängen und zum Verlauf der römischen Expansion nach Mitteleuropa. Berlin 2015.
- Wolfgang Schlüter, Rainer Wiegels (Hrsg.): Rom, Germanien und die Ausgrabungen von Kalkriese. Osnabrück 1999.
- Dieter Timpe: Römisch-germanische Begegnung in der späten Republik und frühen Kaiserzeit: Voraussetzungen – Konfrontationen – Wirkungen. Gesammelte Studien (Beiträge zur Altertumskunde, Band 233). München 2006.
- Michael Zelle (Hrsg.): Terra incognita? Die nördlichen Mittelgebirge im Spannungsfeld römischer und germanischer Politik um Christi Geburt. Mainz 2008.
Literatur bis 1945
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- Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. 2. Teil: Die Germanen. Berlin 1902.
- Paul Höfer: Der Feldzug des Germanicus im Jahre 16 n. Chr. Bernburg 1884.
- Gerhard Kessler: Die Tradition über Germanicus. Dissertation, Franz Rosenthal, Berlin 1905 (online).
- Friedrich Knoke: Die Kriegszüge des Germanicus in Deutschland. Berlin, 2., mehrfach umgearb. Auflage 1922.
- Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Band V, Die Provinzen von Caesar bis Diocletian. Berlin, 9. Auflage 1929.