Als Französische Annexionspläne bezeichent man die französchen Übernahmepläne eines fremden Hoheitsgebietes.
Im Laufe der Geschichte hat Frankreich teilweise erfolgreich versucht, Gebietsteile im Osten, hauptsächlich entlang der Grenze zum Herrschaftsbereich der österreichischen Linie des Hauses Habsburg, später auch entlang der deutsch-französischen Grenze zu annektieren. Diese Bestrebungen begannen bereits mit dem Ancien Régime, die daraus folgenden, oft militärischen Auseinandersetzung dauerten bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts an. Propagandistisch dienten sowohl tatsächliche als auch angebliche französische Annexionspläne insbesondere seitens Österreichs und Deutschlands als Begründung für immer wiederkehrende politische und militärische Konflikte mit Frankreich.
17. Jahrhundert[]
Nach dem Dreißigjährigen Krieg versuchte Frankreich seinen Einfluss vor allem auf Gebiete an der nördlichen Saar und westlich des Rheins auszudehnen. Ludwig XIV. setzte im Rahmen seiner Expansionspolitik 1679 sogenannte Reunionskammern in Metz, Breisach, Besançon und Tournai ein, die mit Hilfe alter Verträge die angebliche historische Zugehörigkeit bestimmter Gebiete gerichtlich feststellen sollten. Diese Gerichtsverfahren dienten dazu, den politischen Zielen Ludwigs XIV. eine juristische Legitimation zu verschaffen und militärische Auseinandersetzungen zunächst zu vermeiden. Sie beruhten jedoch auf fragwürdigen Grundlagen, waren auch schon im 17. Jahrhundert und selbst innerhalb Frankreichs umstritten. 1680 wurde die Saarprovinz dem Königreich Frankreich angegliedert, 1681 wurde die Reichsstadt Straßburg annektiert. 1683/84 kam Luxemburg hinzu. Das Elsass und die Pfalz wurden militärisch unterworfen. Diese Bestrebungen endeten nach dem Pfälzischen Erbfolgekrieg 1697, als Frankreich im Frieden von Rijswijk die Reunionen an der Saar und in der Pfalz wieder aufgeben musste.
18. Jahrhundert[]
Nach der Französischen Revolution kam es im Ersten Koalitionskrieg zur Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch französische Truppen. So wurden die Fürsten 1793 vertrieben und das gesamte linke Rheinufer der Ersten Französischen Republik angeschlossen. Im Frieden von Campo Formio erkannte Österreichs Kaiser Franz II. in seiner Eigenschaft als Landesherr der habsburgischen Erblande 1797 die französische Annexion des linken Rheinufers an. Der zentrale Teil des heutigen Saarlandes kam zu dem 1798 errichteten Département de la Sarre, Gebietsteile westlich der Saar und östlich der Blies zum Département du Mont-Tonnerre. Außerdem wurden auf den Gebieten links des Rheins das Département de Rhin-et-Moselle, Département Bas-Rhin und Département de la Roer eingerichtet.[1]
20. Jahrhundert[]
Bei den Friedensverhandlungen 1919 in Versailles strebte der französische Ministerpräsident Georges Clemenceau für sein Land die Rheingrenze an.[2]
Durch den Versailler Vertrags am 10. Januar 1920 wurde das Saargebiet zwar für 15 Jahre der Regierung des Völkerbundes unterstellt. Doch das Eigentumsrecht an den Kohlengruben und den Eisenbahnen westlich der Saar erweiterte Frankreich, indem es durch Kontrolle der Erz-, Roheisen- und Kohlezufuhr französische Beteiligungen von 60 % an den Saarhütten durchsetzte und somit die wichtigsten Wirtschaftszweige kontrollierte. Bei den Gruben wurden gemäß der Anlage zu Artikel 46 des Versailler Vertrags französischsprachige „Domanialschulen“ errichtet. Ab dem 1. Juni 1923 war der französische Franc alleiniges Zahlungsmittel. Während der Alliierten Rheinlandbesetzung 1923 unterstützte die französische Besatzungsmacht separatistische Bestrebungen. Nach Ablauf einer fünfjährigen Übergangsfrist wurde am 10. Januar 1925 das Saargebiet in das französische Zollgebiet integriert. Frankreich behandelte das Saargebiet als eine Art Kolonie. «Les Français vivaient à Sarrebruck comme les Anglais à Bombay, sans contacts avec des indigènes».[3]
1944 versuchte der französische General de Gaulle als Chef einer Provisorischen Regierung mit dem Obersten Befehlshaber der Roten Armee, Josef Stalin einen Bündnisvertrag auszuhandeln, um das Ruhrgebiet unter internationale Aufsicht zu stellen und die Annexion linksrheinischer Gebiete durch Frankreich zuzulassen.[4] Das Saarland wurde im Februar 1946 aus der französischen Besatzungszone ausgegliedert und als Saarprotektorat (Protectorat de la Sarre, Gouvernement Militaire de la Sarre (GMSA)) einem Sonderregime unterstellt mit dem Ziel, es künftig in das Territorium der IV. Französischen Republik einzugliedern, was dann aber bei den übrigen Alliierten auf Ablehnung stieß.[5] Die französische Regierung wollte sich ursprünglich die Möglichkeit offenlassen, nach der Umwandlung des Saarlandes in ein Protektorat noch weitere linksrheinische Gebiete zu annektieren.
Weblinks[]
- Die französische Reunionspolitik 1679ff (mit Schwerpunkt auf der Situation im heutigen Saarland)
Siehe auch[]
- Deutsch-französische Erbfeindschaft
- Franzosenzeit
- Habsburgisch-Französischer Gegensatz
Fußnoten[]
- ↑ Yvonne Kafka, Das "Wendejahr" 1797/8: Cisrhenanische Republik oder Annektion?, Universität Köln 2009, Studienarbeit Fachbereich Geschichte Europa, ISBN 978-3-640-96844-2.
- ↑ Raymond Poidevin und Jacques Bariéty, Frankreich und Deutschland. Die Geschichte ihrer Beziehungen 1815–1975, C.H. Beck, München 1982, S. 301–397; Henning Köhler, Novemberrevolution und Frankreich. Die französische Deutschlandpolitik 1918–1919, Droste, Düsseldorf 1980, S. 189–269
- ↑ „Die Franzosen lebten in Saarbrücken wie die Engländer in Bombay, ohne Kontakte zu den Einheimischen“. Scholdt 1997, S. 174. Nach Robert Laffont: Seul avec tous, Paris 1973, S. 55
- ↑ DER SPIEGEL 37/1959: „GESCHICHTE UNTER VIER AUGEN Politische Zweiertreffen seit Napoleon“
- ↑ DER SPIEGEL 1/1947: „Heim ins Frankreich“
Quellen[]
- Käyserliches Commissions-Decret Den jüngsten Frantzösischen Einfall ins Reich und feindliche Proceduren betreffend. Wie auch Die Käyserliche Antwort auff das Frantzösische Manifest oder Declaration. (Druck aus dem lateinischen übersetzt, 1688) Digitalisat
- Thomas Höpel: Der deutsch-französische Grenzraum: Grenzraum und Nationenbildung im 19. und 20. Jahrhundert. In: Institut für Europäische Geschichte (Mainz) (Hrsg.): Europäische Geschichte Online, 2012.