Europäische Menschenrechtskonvention, Abkürzung EMRK, Kurzbezeichnung für die »Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten« vom 4. 11. 1950, die für die ihr beigetretenen Staaten auf einem Mindestniveau die Einhaltung der Menschenrechte gewährleisten soll. Zur Durchsetzung der in der EMRK verbürgten Freiheitsrechte ist ein Rechtsschutzsystem errichtet worden, dessen Organ der ständige Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz in Straßburg ist (nicht zu verwechseln mit dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg; Europäische Union). Die bis 1. 11. 1998 (Inkrafttreten des 11. Zusatzprotokolls zur EMRK vom 11. 5. 1994) erstinstanzlich zuständige Europäische Menschenrechtskommission wurde abgeschafft.
Zusammensetzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte: Die Zahl der Richter des Gerichtshofs entspricht der Zahl der Vertragsstaaten. Der Gerichtshof entscheidet durch mit sieben Richtern besetzte Kammern, sofern nicht eine Individualbeschwerde als offensichtlich unzulässig verworfen wird (Entscheidung durch einen mit drei Richtern besetzten Ausschuss), oder durch die mit 17 Richtern besetzte Große Kammer, wenn eine besonders bedeutsame Entscheidung zu treffen ist.
Zuständigkeiten und Verfahrensablauf: Der Gerichtshof ist außer für die Erstellung von Gutachten über die Auslegung der EMRK auch für Staatenbeschwerden und Individualbeschwerden zuständig. Eine Staatenbeschwerde kann von jeder Vertragspartei mit der Behauptung erhoben werden, eine andere Vertragspartei habe die EMRK oder eines der Protokolle verletzt. Darüber hinaus kann jede natürliche Person, nicht staatliche Organisation oder Personengruppe Individualbeschwerde erheben. Die Individualbeschwerde muss die Behauptung des Beschwerdeführers enthalten, durch eine Vertragspartei in einem der in der EMRK oder den Protokollen dazu anerkannten Rechte verletzt zu sein; sie darf nicht anonym erhoben werden. Der Gerichtshof kann aber erst angerufen werden, wenn feststeht, dass der Beschwerdeführer vorher alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat, und nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung. Scheitert der Versuch einer gütlichen Einigung, so entscheidet der Gerichtshof durch Urteil. Im Falle einer Verletzung der Konvention kann er der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zusprechen. Binnen drei Monaten nach Erlass des Urteils durch eine Kammer kann jede Partei die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer beantragen, wenn die Sache eine schwierige Frage der Auslegung oder Anwendung der EMRK oder eine schwerwiegende Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Entscheidungen der Großen Kammer sind endgültig. Die Vollstreckung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wird durch das Ministerkomitee des Europarats überwacht. Die EMRK stellt einen Mindeststandard dar, der durch nationale Maßnahmen nicht unterschritten werden darf. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs hat in zahlreichen Fällen zur Anpassung innerstaatlicher Gesetzgebung an die EMRK geführt. Das 14. Zusatzprotokoll vom 13. 4. 2004, das am 1. 6. 2010 in Kraft trat, sieht Änderungen des Verfahrensablaufs vor, u. a. eine Einschränkung des Individualbeschwerderechts in Fällen, in denen der Beschwerdeführer keinen »bedeutsamen Nachteil« erlitten hat. Im 15. Zusatzprotokoll vom 24. 6. 2013 ist u. a. vorgesehen, dass die Richter und Richterinnen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) bei ihrer Wahl nicht älter als 65 Jahre sein dürfen. Das 16. Zusatzprotokoll vom 2. 10. 2013 sieht vor, dass sich letztinstanzliche Gerichte der Vertragsparteien mit Rechtsfragen zur Auslegung der EMRK für ein Gutachten an den EMGR wenden können.