Europäische Freihandelsassoziation, englisch European Free Trade Association [jʊərəˈpiːən ˈfriː ˈtreɪd əsəʊsɪˈeɪʃn], Abkürzung EFTA, am 4. 1. 1960 als Reaktion auf die Bildung der EWG gegründete und am 3. 5. 1960 in Kraft getretene Freihandelszone. Gründungsmitglieder waren Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und Schweiz. Im Laufe ihres Bestehens hat sich die Zusammensetzung der EFTA stark verändert: 1973 traten Großbritannien und Dänemark, 1986 Portugal den Europäischen Gemeinschaften (EG) sowie 1995 Finnland (Vollmitglied seit 1985), Österreich und Schweden der EU bei und schieden damit aus der EFTA aus. Die Freihandelszone besteht nunmehr (seit 1995) aus vier Ländern (Island [Mitglied seit 1970], Liechtenstein [seit 1991], Norwegen und Schweiz) und umfasst nur noch eine Fläche von rd. 530 000 km2 (vorher: 1 339 000 km2) mit rd. 13 Mio. Einwohnern (vorher: rd. 33 Mio. Einwohnern).
Organisation: Oberstes Entscheidungsorgan ist der EFTA-Rat, in dem alle Mitgliedsländer gleichberechtigt vertreten sind (jedes Mitglied verfügt über eine Stimme) und der für die Herbeiführung von Beschlüssen in der Regel Einstimmigkeit erzielen muss. Aufgabe des Rates ist die Überwachung der Anwendung und Durchführung des EFTA-Vertrages und die Schlichtung von Streitfällen; seine Beschlüsse und Empfehlungen sind rechtlich nicht verbindlich. Für Verwaltungsaufgaben wurden vom Rat mehrere ständige Komitees aus nationalen Regierungsvertretern sowie beratende Arbeitsgruppen eingesetzt. Die laufende Verwaltungs- und Koordinierungsarbeit übernimmt das EFTA-Sekretariat (Sitz: Genf), das von einem Generalsekretär geleitet wird. 1994 hat sich in Genf der Gerichtshof der EFTA konstituiert, dessen Kompetenzen mit denen des Europäischen Gerichtshofes vergleichbar sind. Der EFTA-Gerichtshof ist für die am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) teilnehmenden EFTA-Staaten zuständig, also nicht für die Schweiz. Seine Hauptaufgabe besteht in der Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem EWR-Abkommen. Unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten ist ein Austritt aus der EFTA jederzeit möglich.
Ziele und Entwicklungen: Hauptziel der EFTA ist es, durch den Abbau von Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zwischen den Mitgliedsstaaten den gegenseitigen Handel mit gewerblichen Erzeugnissen zu steigern, ohne damit, im Unterschied zu den EU-Staaten, weiter gehende Verpflichtungen in Bezug auf die Errichtung eines gemeinsamen Marktes oder die Bildung einer wirtschaftlichen und politischen Union einzugehen. Der Rat kann unverbindliche Empfehlungen bezüglich der Abschaffung staatlicher Subventionen und des Verbots von Kartellbildungen, die zu Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Gemeinschaft führen, geben. Die EFTA wendet als Freihandelszone auch nicht gegenüber Drittländern einen gemeinsamen Außenzolltarif an, sondern stellt es ihren Mitgliedern frei, in ihrer Handelspolitik gegenüber Drittländern Zölle beziehungsweise Mengenbeschränkungen individuell zu vereinbaren. Eine Harmonisierung der Ordnungs- und Konjunkturpolitik der Mitgliedsstaaten ist ebenfalls nicht vorgesehen. Der im EFTA-Vertrag festgelegte vollständige Abbau von Handelszöllen und Ausfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedsländern wurde schrittweise bereits am 31. 12. 1966 erreicht. Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind von der Liberalisierung des Warenverkehrs allerdings weitgehend ausgenommen.
Die größte Ausdehnung hatte die EFTA 1970 nach dem Beitritt Islands mit acht Mitgliedsstaaten. Nach einer anfänglichen Phase relativ großer Distanz entwickelte sich zwischen EFTA und EG seit Anfang der 70er-Jahre eine immer engere Verflechtung. Zunächst schlossen die EG 1972 und 1973 nach dem Übertritt der ersten beiden EFTA-Staaten mit einzelnen Ländern der Freihandelszone individuelle Abkommen, die sich auf den freien Warenverkehr mit industriellen und gewerblichen Erzeugnissen (Ausnahme: Agrarprodukte) erstreckten. In den 80er-Jahren gab es bereits mehr als 280 bilaterale Vereinbarungen zwischen EFTA und EG. Anfang der 90er-Jahre standen die Abschaffung der nicht tarifären Handelshemmnisse, die Vereinheitlichung technischer Normen sowie die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit im Mittelpunkt der Kooperation, die schließlich 1994 das weltweit größte geschlossene Wirtschaftsgebiet, den EWR schuf. Der EWR ermöglicht eine Verbesserung des Freihandels mit Waren, Dienstleistungen und Kapital, ohne eine Zollunion zwischen EG und EFTA zu schaffen. Die Zusammenarbeit erstreckt sich z. B. auch auf Forschung und Entwicklung, Verbraucher- und Umweltschutz sowie Sozialpolitik.
Geschichte: Die Pläne, die politische Integration Europas besonders auf dem Wege einer europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu verwirklichen, kamen für einige europäische Industrieländer zunächst aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht in Betracht (z. B. für Großbritannien im Hinblick auf seine Bindungen an das Commonwealth, für die Schweiz, Schweden und Österreich aufgrund ihrer Neutralität). Nachdem der Plan, allee in der OEEC zusammengeschlossenen Staaten in einer (großen) europäischen Freihandelszone zusammenzufassen, die im Gegensatz zur EWG keine Souveränitätsfragen tangiert, wegen der Interessengegensätze zwischen Frankreich und Großbritannien gescheitert war, bildete sich 1960 als »kleine Freihandelszone« die EFTA. Nach dem mit dem Austritt Finnlands, Österreichs und Schwedens zum 1. 1. 1995 verbundenen Bedeutungsverlust war zunächst an eine Auflösung der EFTA zur Jahresmitte 1995 gedacht worden. Als Vertragspartei des zum 1. 1. 1994 in Kraft getretenen Europäischen Wirtschaftsraumes, dem bis auf die Schweiz alle übrigen EFTA-Staaten angehören, besteht sie jedoch vorerst weiter.