Bretagne [brəˈtaɲ] die, größte Halbinsel Frankreichs, ein Rumpfgebirge aus Granit und paläozoischen Schiefern (Teil des Armorikanischen Gebirges) mit Sandsteinrücken, die in den Monts d'Arrée bis 384 m über dem Meeresspiegel ansteigen. Die Küste ist durch geologisch junge Senkung beziehungsweise durch den postglazialen Meeresspiegelanstieg reich an Inseln und Buchten und zeichnet sich durch starke Brandung und mächtige Gezeiten aus. Bedingt durch die exponierte Lage ist das Klima feucht und nebelreich mit milden Wintern und kühlen Sommern. Das hügelige Innere ist nur schwach besiedelt und in weiten Teilen von Heiden, Mooren und Wäldern bedeckt. Dazwischen liegen geschütztere, von wallartigen Hecken (Bocage) durchzogene Beckenlandschaften mit Streusiedlungen. Die Küstenzone weist gegenüber dem Binnenland starke Vorzüge auf: Sie ermöglicht in den geschützten Buchten Anbau von Spezialkulturen (Saat- und Frühkartoffeln, Erbsen, Aprikosen, Erdbeeren) und die Anlage von Häfen für Küsten- und Hochseefischerei (Sardinen, Thunfisch, Schalentiere) sowie von Austern- und anderen Muschelkulturen; außerdem auch Cidreerzeugung und Tanggewinnung.
Die Bretagne führt die »bretonische Flagge« seit den 1920er Jahren. Sie heißt auf Bretonisch »Gwenn-ha-du« – Schwarz und Weiß. Seit Beginn der Industrialisierung stellt die Bretagne eines der bedeutendsten Abwanderungsgebiete Frankreichs dar. Allein zwischen 1850 und 1950 sind über 1 Mio. Bretonen nach Zentralfrankreich abgewandert. Erst ein gezielter Ausbau des Verkehrsnetzes, die Ansiedlung von Industriebetrieben (z. B. Citroën-Werke in Rennes) sowie der Aufschwung der Landwirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg brachten eine Stabilisierung. Heute zählt die Bretagne zu den wichtigsten Agrarregionen Frankreichs mit Schwerpunkten in der Gemüseproduktion (Artischocken, Blumenkohl, Hülsenfrüchte), Schweinemast und Milchviehhaltung (größter Butter- und Käselieferant Frankreichs).
Außer Kaolinvorkommen spielen Bodenschätze keine wesentliche Rolle. Wichtige Industriebranchen sind Nahrungsmittelindustrie, Fahrzeugbau, Möbel- und Bekleidungsindustrie, Maschinenbau sowie elektrotechnische und elektronische Industrie. Im Sommer ist der Fremdenverkehr (Bade- und Bildungsreisen) eine wichtige Einnahmequelle.
Die heutige Region Bretagne umfasst die Départements Côtes-d'Armor, Finistère, Ille-et-Vilaine und Morbihan; 27 208 km², 3,26 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Rennes.
Geschichte[]
56 v. Chr. unterwarf Caesar das keltisch besiedelte Gebiet, das als Armorica Teil des römischen Galliens (Provinz Lugdunensis, seit etwa 300 Lugdunensis II) wurde. Im 5./6. Jahrhundert ließen sich keltische Briten (Bretonen) in Armorica nieder, für das seit dem 6. Jahrhundert der Name Britannia (»Britannia minor«, zur Unterscheidung von Britannien, der »Britannia maior«) aufkam. Die Bretonen, die noch jahrhundertelang in Kontakt mit den Britischen Inseln blieben, behaupteten im Unterschied zur romanisierten keltischen Vorbevölkerung ihre Sprache und Kultur. Merowinger und Karolinger vermochten nur eine lockere, oft abgeschüttelte Oberherrschaft (ab 753) über Armorica durchzusetzen. Pippin errichtete 755 die Bretonische Mark (um Nantes, Rennes und Vannes; 786 und 799 unter Karl dem Großen erneuert; als Markgraf wird bei Einhard Roland genannt). Nach dem Sieg der Bretonen unter Nominoë (Herrschaft 831−851) über Karl den Kahlen bei Redon (22. 11. 845) etablierte sich die bretonische Unabhängigkeit, staatlich wie kirchlich. Seit Salomon I. (Herrschaft 857, † 874) führten die bretonischen Fürsten den Herzogstitel, unter Alain dem Großen (Herrschaft 888, † 907) entwickelte sich eine blühende bretonische Kultur und Wirtschaft. Nach Kämpfen mit den Normannen (bis 936) dominierten Erbstreitigkeiten, französischer und normannischer Einfluss nahmen zu (im Vertrag von Gisors 1113 wurde die Oberherrschaft an den Herzog der Normandie abgetreten). 1166 erhielt Heinrich II. Plantagenet, König von England, die Vormundschaftsregierung über die Bretagne. Unter Herzog Johann I. (* 1217, † 1286) und seinen Nachfolgern stabilisierte sich die 1297 von Philipp IV. dem Schönen zur Pairie erhobene Bretagne. Nach dem Tode Johanns III. (* 1286, † 1341) verbanden sich neue Erbstreitigkeiten, aus denen das Haus Montfort als Sieger hervorging, mit den Konflikten des Hundertjährigen Krieges. Am Ende stand die erneuerte Anerkennung der französischen Oberhoheit (Vertrag von Guérande, 4. 4. 1381), welche allerdings ab 1418 unter Johann V. (* 1389, † 1442) wieder geleugnet und die Bretagne als selbstständiges Herzogtum begriffen wurde. Da Frankreich auf die bretonische Unterstützung gegen England angewiesen war, führte dies zur großen Zeit der bretonischen Herzöge, welche an ihren Höfen zu Nantes und Rennes Zentren der frühen Renaissancekultur entstehen ließen. Die Bretagne wurde zu einer wichtigen Komponente des europäischen Mächtespiels, was die Heiratsbemühungen um Herzogin Anna von Bretagne belegen. Nach Ehen mit Karl VIII. und Ludwig XII. sicherte erst die Ehe ihrer Tochter Claudia mit Franz von Angoulême (dem späteren Franz I.) die Vereinigung der beiden Territorien. Deren Sohn Heinrich (ab 1547 als Heinrich II. König von Frankreich) erbte 1524 die Bretagne, welche er 1532 als letzter Herzog mit Frankreich unter Garantie der alten Privilegien (u. a. Parlement de Rennes) vereinigte. Während der Revolution blieb die Bretagne royalistisch und wurde deshalb zum Schauplatz eines blutigen Krieges mit den Republikanern (Chouans).
Im 20. Jahrhundert entwickelten sich zum Teil militante Autonomiebewegungen (noch in den 70er-Jahren Attentate); in der Gegenwart kommt das Selbstbewusstsein der Region v. a. in der Pflege der bretonischen Sprache und Kultur zum Ausdruck. Regionale Interessen werden von mehreren Parteien vertreten, am einflussreichsten ist die »Union démocratique bretonne«.