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Die Germanisch-Römischen Kriege bezeichnen eine Reihe von militärischen Konflikten zwischen der Römischen Republik beziehungsweise dem Römischen Reich und verschiedenen germanischen Stämmen. Diese Auseinandersetzungen erstreckten sich über mehrere Jahrhunderte, beginnend im späten 2. Jahrhundert v. Chr. bis zur endgültigen Auflösung des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. Sie prägten die Beziehungen zwischen Römern und Germanen und hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die politische und kulturelle Entwicklung Europas …

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Bajuwaren (auch Baiuwaren) ist die ursprüngliche Namensform der Baiern, der Bevölkerung eines Mitte des 6. Jahrhunderts entstandenen Stammesherzogtums, das den Großteil Altbayerns, Österreichs und Südtirols umfasste. Unter der vom fränkischen Königshaus initiierten Herrschaft der Agilulfingerherzöge entwickelte sich aus einer sehr gemischten Bevölkerung das „Volk der Bajuwaren“. Erst zu dieser Zeit wuchs die spätrömische Bevölkerung (mit sehr vielfältigen älteren Wurzeln) und die zahlreichen neu dazugekommenen Elemente anderer Herkunft, darunter solche aus dem hunnischen und vor allem germanischen Raum, zu einem bajuwarischen Stammesvolk zusammen.[1]

Etymologie[]

Die Herkunft des Namens der Bajuwaren ist umstritten. Die am weitesten verbreitete Theorie besagt, er komme von dem mutmaßlichen germanischen Kompositum *Bajawarjōz (Plural). Überliefert ist dieser Name als althochdeutsch Beiara, Peigira und, latinisiert, Baiovarii.[2] Es wird angenommen, dass es sich dabei um ein Endonym handelt. Hinter dem Erstglied Baio steckt das Ethnikon des zuvorbewohnenden keltischen Stammes der Boier, der auch im althochdeutschen Landschaftsnamen Bēheima ‚Böhmen‘ (germanisch *Bajahaimaz ‚Heim der Boier‘, spätlateinisch dann Boiohaemum) und im onomastischen Anknüpfungspunkte (Baias, Bainaib usw.)[3] erhalten ist.

Das Zweitglied -ware bzw. -varii der Bewohnerbezeichnung Bajuwaren stammt aus urgermanisch *warjaz ‚Bewohner‘ (vgl. altnordisch Rómverjar ‚Römer‘, altenglisch burhware ‚Stadtbewohner‘),[4] das zu wehren (urgermanisch *warjana-) gehört (vgl. auch walisisch gwerin ‚Menschenmenge‘). Der Name ‚Baiern‘ wird deshalb als ‚Bewohner Böhmens‘ gedeutet. Eine allgemeinere Deutung, die die Herkunft aus Böhmen nicht impliziert, ist die als „Menschen des Landes Baja“.[5]

Laut einer weiteren, von der Wissenschaft nicht unterstützten Theorie soll der Name vom lateinischen Pagus Iuvaris stammen. Iuvara war der römische Name für die Salzach, ein Fluss, der im Grenzgebiet des heutigen Bayern und Österreich fließt und somit Siedlungsgebiet der Bajuwaren war. Pagus ist ein lateinischer Begriff für Region/Bezirk bzw. Statthaltertum.

Herkunft[]

Im Mittelalter betrachtete man die Baiern als Nachfahren der antiken Boier. Die ältere Forschung ging von Markomannen als jenen „Männern aus Böhmen“ aus, die zum namensgebenden Teil der Baiern geworden seien.

In der aktuellen Diskussion werden die Bajuwaren von manchen mit einer elbgermanischen Fundgruppe identifiziert, die nach den bedeutendsten Fundorten ihrer Brandgräberfelder und der besonderen Keramik als Friedenhain-Prestovice bezeichnet wird. Das Siedlungsgebiet dieser Gruppe erstreckte sich von Neuburg an der Donau bis nach Passau. Neben den elbgermanischen und romanischen Siedlern, deren Einfluss sich im Salzburger Land und in Tirol bis ins 7. Jahrhundert hinein nachweisen lässt, gilt diese Gruppe als eine weitere Keimzelle der späteren Baiovarii.[6]

Immer wieder wird versucht, die Baiern auf eine romanische Herkunft zurückzuführen. Als angebliche Zeugnisse dienen meistens eingedeutschte Gewässer- und Ortsnamen antik-romanischer Herkunft. Der Vielzahl rein deutscher Namen stehen allerdings nur relativ wenige Namen antik-romanischen Ursprungs gegenüber. Die linguistische Analyse nach Etymologie und Eindeutschungszeit ergibt immerhin, dass das Romanische im Voralpenraum inselhaft bis ins beginnende 9. Jahrhundert und vereinzelt wie um die Stadt Salzburg auch noch bis gegen die Mitte des 11. Jahrhunderts fortlebte. Die These einer angeblicher romanischer Herkunft der Baiern lässt sich hingegen weder mithilfe der Sprache noch der Namen erweisen.[7]

Vermutlich entstanden die Bajuwaren als Gemisch verschiedener Völker. Nicht in einer großen Wanderung, sondern in einzelnen Schüben besiedelten sie das Land zwischen Donau und Alpen. Dort wuchsen die verschiedenen Zuwanderer zu jenen Bajuwaren zusammen, die von Jordanes 551 in seiner Gotengeschichte und kurz danach auch von dem Dichter Venantius Fortunatus beschrieben wurden. Beide Quellen berichten übereinstimmend, dass östlich der Sueben bzw. östlich des Lechs das Land Baiuaria liegt. Die Einwohner von Baiuaria werden Baibari bzw. Baiovarii genannt.[8]

In der modernen Forschung ist jedenfalls von einer geschlossenen Einwanderung und Landnahme eines quasi fertigen Volkes keine Rede mehr. Es wird von einer Stammesbildung der Bajuwaren im eigenen Land, also dem Land zwischen Donau und Alpen, ausgegangen.[9] In der Lex Baiuvariorum, in der das alte Volksrecht des baierischen Stammesherzogtums ab 635 zusammengefasst wurde, werden die Adelsgeschlechter der Huosi, Trozza, Fagana, Hahiligga und Anniona neben dem Herzogsgeschlecht der Agilolfinger ausdrücklich genannt. Dabei kann es sich um die Führungsschichten der ehemaligen Stämme handeln, die sich so Sonderrechte im neuen Herzogtum gesichert hatten.

Schreibweise[]

Die endgültige Festlegung der Schreibweise mit y für das Territorium des neuen Staatsbayern, des Königreichs von 1806, das nun auch Bayrisch Schwaben und Franken umfasste, geht auf den philhellenischen bayerischen König Ludwig I. zurück, ist also nur eine „Marotte des Königs“. In der Zeit davor wurde das Land auch Bairn, Bayrn, Bayren und Beyern genannt. In der Sprachwissenschaft wird streng unterschieden zwischen bairischer Sprache und Bevölkerung, die mit i geschrieben werden, und der politischen Territorialeinheit Bayern, die mit y geschrieben wird. Diese Schreibweise gilt heute sowohl für das ehemalige Königreich Bayern und seine Nachfolger bis zum heutigen Freistaat Bayern als auch seine historischen Vorgänger wie das frühere Herzogtum und Kurfürstentum Bayern, auch wenn diese zeitgenössisch anders geschrieben wurden.

Die Sprache[]

Die bairischen Dialekte werden im Osten des oberdeutschen Sprachraums gesprochen und daher auch als Ostoberdeutsch bezeichnet. Innerhalb des Bairischen wird zwischen Nordbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch unterschieden. Das bekannteste Merkmal, das das Hochdeutsche, zu dem Ober- und Mitteldeutsch gehören, von anderen westgermanischen Sprachen unterscheidet, ist die althochdeutsche Lautverschiebung.

Der bairische Sprachraum umfasst im Freistaat Bayern die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz, das Staatsgebiet Österreichs mit Ausnahme Vorarlbergs, ferner Südtirol, die zimbrischen und karnischen Sprachinseln in Oberitalien und das südliche Vogtland im Freistaat Sachsen. Die UNESCO hat 2009 die bairische Sprache als gefährdet und damit schützenswert eingestuft.

Im spezifisch bairischen Wortschatz finden sich auch griechische Einflüsse, die durch die gotische Mission vermittelt werden:

  • Ertag für ‚Dienstag‘, aus dem altgriechischen Wochentagnamen Árēos hēméra ‚Tag des Ares‘;
  • Pfinztag für ‚Donnerstag‘, aus gotischen *paíntē dags, aus dem altgriechischen Wochentagnamen pémptē hēméra ‚fünften Tag‘ (von Sonntag aus gezählt); vgl. vom selben Stamm neugriechisch Pentikosti (Πεντηκοστή) ‚Pfingsten‘.

Religion[]

Zur Zeit der Ethnogenese der Bajuwaren gab es bereits ein Nebeneinander diverser Glaubensvorstellungen. Von den Goten verbreitete sich die arianische Variante des Christentums rasch auf benachbarte Stämme und auf die Gruppen, aus denen im 6. Jahrhundert die Bajuwaren entstanden waren.

Etwa nach 530 änderte sich die Tradition der Grabbeigaben in bairischen Reihengräbern. Durch zahlreiche Ausgrabungen konnte nachgewiesen werden, wie die Bajuwaren ihre Toten bestatteten:

  • Die Frauen wurden nach der Tradition der Bajuwaren mit ihrem Schmuck bestattet.[10]
  • Den Männern wurden ab dem 5. Jahrhundert plötzlich Waffen als Beigaben in die Gräber gelegt – ein Brauch, den es bei Bajuwaren, Alemannen und in anderen Gebieten spätrömischer Kulturkontinuität gab. Im Altsiedlungsgebiet der Germanen, der Germania magna, war dieser Brauch zur selben Zeit unbekannt.[11]

Ab 615 begann die Missionierung durch iro-schottische Mönche zur katholischen Variante des Christentums. Dabei waren vor allem die Heiligen Eustasius, Agilus und Emmeram von Regensburg von Bedeutung. Um das Jahr 700 wurden katholische Bistümer im bajuwarischen Herzogtum eingerichtet, das älteste davon Salzburg (696), später Regensburg (um 700), Freising (716), Passau (739) und Eichstätt (Mitte/2. Hälfte des 8. Jahrhunderts). Endgültig wurden die letzten Anhänger des Arianismus aber wahrscheinlich erst nach dem Sieg der Franken über die mit den Bajuwaren eng verbundenen Langobarden im Jahr 774 zur Konversion bewegt. Die Niederwerfung der ebenfalls arianischen Langobarden durch die bereits katholischen Franken bedeutete das endgültige Ende des Arianismus in Europa. Das katholische Christentum hat sich bei den Bajuwaren also langsam durchgesetzt – durch kulturellen Austausch mit den Romanen seit der Endphase des Weströmisches Reiches bis zur endgültigen Integration Baierns in das Frankenreich im Jahr 788. Daneben konnten sich möglicherweise unter einem christlichen Kontext auch Reste außerchristlicher Traditionen erhalten.

Eine synodale Tätigkeit seit den Bistumsgründungen im Jahr 739 geht mit bajuwarischen Landessynoden unter Herzog Tassilo in Dingolfing um 770 n. Chr. und Neuching 772 einher. Bischof Arn von Salzburg lädt zu einem Konzil, welches im Jahr 799 in Reisbach gehalten wird, einem im Frühmittelalter bedeutenden Ort der Bajuwaren.[12] Dies war die erste zeitlich und örtlich überlieferte bairische Metropoliten-Bischofssynode. Bischöfe, Äbte, Priester, Erzpriester und Diakone aus ganz Baiern waren auf frühmittelalterlichen Straßen und Wegen unterwegs in das heutige Niederbayern.

Geschichte[]

Frühgeschichte[]

Im Jahr 15 v. Chr. eroberten die Legionen Roms das nördliche Alpenvorland bis zur Donau. Die Kontinuität der Flur- und Ortsnamen beweist, dass noch keltische Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt im Lande gewesen sein muss, wie auch das Oppidum von Manching bei Ingolstadt zeigt, die Germanen dort jedoch noch nicht heimisch geworden waren. Der archäologische Befund verweist in weiten Teilen des heutigen Bayerns auf ein „fast menschenleeres Ödland“ für jene Zeit (S. Rieckhof, Das Keltische Jahrtausend.). Lediglich in den unzugänglicheren Hügel- und Bergregionen war offenbar eine keltische und auch vorkeltische alteuropäische Bevölkerung ansässig geblieben. Strabon benennt westlich des Bodensees die Helvetier, östlich desselben die Vindeliker als Bewohner von Berghalden, während Räter und Noriker die eigentliche Alpenregion bewohnten (Strabon, Geographica, VII).

Während der mehrhundertjährigen Herrschaft der Römer ergab sich durch Zuzug und Ansiedelung ein starkes Bevölkerungswachstum, wobei durch die Constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla aus dem Jahr 212 allen freien Bewohnern der römischen Provinzen das römische Bürgerrecht zuerkannt wurde – auch in Rätien und Noricum. Diese romanisierten Provinzbürger werden als Provinziale bezeichnet. Aus der römischen Zeit stammen auch jene beiden Relikte, welche auf Boier im Land verweisen: ein römisches Militärdiplom, das 107 an den Soldaten einer spanischen Reitereinheit (einer sogenannten Ala) in Rätien verliehen wurde, dessen Vater Comatullus ein Boio war, und eine Keramikscherbe, in die Boio eingeritzt wurde.

Literarische Hinweise zu den keltischen Boiern wurden durch Strabon und Tacitus formuliert. Strabon erwähnt die verlassene Einöde der Bojer am Bodensee sowie Bujaemum im herkynischen Wald (Strabon, Geographica, VII,1), woraus bei Tacitus dann Boii und Boihaemum werden. Bei der Wiederentdeckung des Tacitus am Hof Karls des Großen wurden diese Begriffe dann zum Vorbild für das Land Beheim und dessen slawische Bewohner als „Beheimi“ = Böhmen (siehe Einhard).

Viele provinzialrömische Bewohner verließen 488 auf Befehl des Odoaker die nördlich der Alpen liegenden römischen Provinzen. Im östlichen Rätien wie auch dem Donau-Noricum kam dieser Abzug der Romanen einer teilweisen Entvölkerung des Landes gleich, denn mit den originär–römischen Herren zogen auch deren Knechte, Mägde und Sklaven mit in die neue Heimat Italien um. Andere Teile der Herrschaftsschicht aus dem gesamten römischen Herrschaftsraum blieben im Land und vermischten sich mit der dort ansässigen Bevölkerung. Karl Bosl spricht deshalb vom „mediterranen Substrat“, das die Basis für die Bevölkerung des späteren Bayerns bildete. Überwölbt und durchdrungen wurde es jedoch von germanischen Stammesgruppen, wie die heutige Präsenz des Deutschen zeigt. Die Forschung konnte sich jedoch angesichts der vielfältigen und geringen Hinweise auf Markomannen, Goten oder Langobarden nicht auf eine einzige Herleitung der Bajuwaren einigen. So ist eine Durchsiedelung mit Angehörigen verschiedener Stämme anzunehmen, bis hin zu Sachsen und Schwaben, wie in vereinzelten Ortsnamen zu erkennen ist (Sachsenkam, Schwabing).

Nachbarvölker der Bajuwaren waren:

Heute erstreckt sich das Gebiet, in welchem bairische Dialekte gesprochen werden, auf

  • die bayerischen Regierungsbezirke Niederbayern, Oberbayern, Oberpfalz, den nordöstlichen Teil Schwabens sowie die südöstlichen Teile Mittelfrankens und Oberfrankens[13]
  • die österreichischen Bundesländer Burgenland (ohne kroatischsprachige Gebiete), Kärnten (ohne slowenischsprachiges Gebiet), Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol (ohne Tannheimer Tal) und Wien
  • die autonome italienische Provinz Südtirol (ohne ladinisches Gebiet)
  • die Schweizer Gemeinde Samnaun im Inntal.

Bis zu den Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte dazu auch der benachbarte Teil des Sudetenlandes (vom Egerland bis Südmähren), Ungarns (bei Győr/Raab und Sopron/Ödenburg) und Sloweniens (Abstaller Tal). Daneben gab und gibt es zahlreiche bairische Sprachinseln in Italien, Ost- und Südosteuropa, aber auch in Übersee.

Datei:Bajuwarische Funde.jpg

Bajuwarische Funde

Frühe schriftliche Zeugnisse[]

Als ältestes Zeugnis für den Namen der Baiern gilt eine Textstelle in der 551 veröffentlichten Gotengeschichte, der „Getica“ (De origine actibusque Getarum) von Jordanes. Sie benennt Baioras oder Baibaros als östliche Nachbarn des „schwäbischen Landes“ (regio Svavorum): „Regio illa Suavorum ab oriente Baibaros habet...[14] Diese Quelle ist jedoch unsicher. Lediglich sehr späte Abschriften dieses Werks sind überliefert. Allerdings wird vermutet, Jordanes habe ein mehrbändiges Werk über die Geschichte der Goten von Cassiodor benützt, welches jedoch nicht erhalten ist. Andere Autoren, die etwa gleichzeitig schreiben (Prokop, Agathias, Ennodius von Pavia), erwähnen nichts über Baiern. Gregor von Tours kannte um 595 ebenfalls noch keine Baiern. Auch nicht Eugippius, der vier Jahrzehnte vor Jordanes seine Vita Sancti Severini verfasste, und als Gefährte dieses Heiligen ebenfalls an der „norischen Donau“ gelebt hatte.

Der erste sichere Beleg stammt von Venantius Fortunatus, einem aus Italien stammenden poeta doctus. Er berichtet um 576 von seiner Wallfahrt über die Alpen zum heiligen Martin von Tours im Jahre 565 und beschreibt dabei, wie er vom Inn im Land der Breonen heraufkommend die Baivaria am Lech (Liccam Baivaria/Liccam Bojoaria) durchquerte. An anderer Stelle benennt er einen Bajoarius oder Baiovarius, der bei St. Afra nahe Augsburg die Straßen nach Süden und weiter über die Alpen kontrollierte und dabei dem Reisenden „hindernd“ in den Weg treten konnte. Venantius Fortunatus liefert mit seiner Beschreibung die erste konkrete Lokalisierung der Baiern.

Eine weitere schriftliche Erwähnung der Baiern als Baioarii findet sich dann bei Fredegar, einem fränkischen Chronisten, der für die Jahre um 631/35 Baioarier als angebliche Vollstrecker eines vom fränkischen König Dagobert I. befohlenen Massenmordes an 9000 Bulgaren samt deren „Weibern und Kindern“ benennt.[15]

Die vierte namentliche Benennung der Baiern erfolgte um 640 durch Abt Jonas von Bobbio, der in einer Biographie des Columban von Luxeuil notierte, dass die Boiae jetzt Baioarii genannt würden. Diese sprachliche Gleichsetzung von keltischen Boiern mit den Bajuwaren bildete die literarische Grundlage der lange gültigen Annahme, Boier und Baiern seien miteinander zu identifizieren.

Ethnogenese[]

Die Ethnogenese (= Stammesbildung) der Bajuwaren fand erst nach den Bevölkerungsverschiebungen der Völkerwanderung statt.

Als entscheidende Zeitspanne wird die Regierungszeit des Gotenkönigs Theoderich des Großen (493–526) in Italien angenommen. Bayern war Bestandteil des ostgotischen Reiches. Im Jahr 506 öffnete Theoderich die nördlichen Grenzen seiner goto-römischen Präfektur Italia den von den Franken an Rhein und Neckar besiegten Alemannen. Gemeinsam mit nördlich der Donau heimischen Thüringern hatten sie danach die „nasse Grenze“ der Italia im Norden (= Hochrhein-Bodensee-Argen-Iller-Donau) gegen die Franken zu schützen (so Ennodius von Pavia). Die Alemannen besiedelten nun die Provinzen Rätien und Noricum, bis zu den beiden Alemannenstürmen zunächst nur bis zur Iller, deren Grenze die Alemannen später überrannten und bis zum Lech verschoben. Wie archäologische Ausgrabungen zeigen, wurden mit der Zeit aber auch Alemannen zu einer ethnischen Komponente der Baiern. Der Lech wurde erst später zu der noch heute ausgeprägten Sprach- und Kulturgrenze. Neben den Alemannen werden in der Forschung weitere Stämme genannt, wie insbesondere die Markomannen und die Quaden (welche wiederum wie die Alemannen ebenfalls Teilstämme der Sueben/Schwaben waren – die Quaden sind später auch unter dem Namen Donausueben bekannt) sowie die Goten. Eine alleinige alemannische Besiedelung wird jedenfalls durch die Mundartgrenze ausgeschlossen.

Während ihres Verteidigungskampfes gegen Byzanz überließen die Goten Italiens im Jahr 536 alle von ihnen beherrschten Gebiete nördlich der Alpen den Königen der Franken, um dadurch von diesen zumindest Neutralität zu erlangen. So wurden auch Rätien und Norikum fränkisch. Ein nennenswerter Bevölkerungszustrom fand dabei jedoch nicht statt. Die Franken begnügten sich mit der militärischen Sicherung des Gebiets. Drei Jahre später eroberten sie die nördlichen Ebenen Italiens sowie des Inneren Norikum (Noricum Mediterraneum) bis an die Grenzen der römischen Provinz Pannonien. Ein Briefwechsel jener Zeit, in welchem sich der Franke Theudebert I. gegenüber seinem Rivalen von Ostrom, Justinian, der eigenen Machtfülle rühmt (sogenannter „Theudebertbrief“ aus dem Jahr 539/40), ist auch für die Frühgeschichte der Baiern bedeutsam. Der fränkische König benennt darin Norsavorum gentes (norisch-schwäbische Geschlechter), welche sich mit seiner Herrschaft versöhnt hätten.

Die Baiern waren einer allmählichen Christianisierung unterworfen. Im Benediktinerkloster Niederaltaich (gegründet 731 oder 741 n. Chr.) wurde als Gesetzeswerk die so genannte Lex Baiuvariorum auf 150 Pergamentseiten in lateinischer Sprache niedergeschrieben.

Regensburg galt lange Zeit als die Hauptstadt der Baiern und war die wichtigste Residenz der Agilolfinger. Die Stadt wurde in spätkarolingischer Zeit (ab 816) zum ersten Zentrum des ostfränkischen Reiches, aus dem wiederum das Heilige Römische Reich hervorging.

Noch um 870 bezeichnete Erzbischof Adalwin von Salzburg die Baiern als bagoari in seinem Schreiben De Conversione Bagoariorum et Carantaniorum.

Auch wenn der genaue Hergang des politischen Prozesses im Dunkeln liegt, stabilisierte er die verschiedenen elbgermanischen und ostgermanischen Volksgruppen, und führte schließlich zu jener ethnokulturellen Gemeinsamkeit, welcher als Ethnogenese zu bewerten ist.

Datei:Tassilokelch in Aachen.jpg

Tassilokelch

Herzöge der Bajuwaren[]

Die Regenten der Baiern wurden vom Herzogsgeschlecht der Agilolfinger gestellt:

  • Herzog Garibald I. (555–ca. 591), erster nachgewiesener Herzog von Baiern
  • Rex Tassilo I. (591–610) 591 wurde Tassilo I. vom Frankenkönig Childebert über Bayern als rex (König) eingesetzt.[16]
  • Herzog Garibald II. (ca. 610–630?)
  • Herzog Fara (ca. 630–640) ein fränkischer Agilolfinger, seine Herrschaft in Baiern ist nicht gesichert
  • Herzog Theodo I. (ca. 640–680)
  • Herzog Lantpert (680)
  • Herzog Theodo II. (ca. 680–725?). Papst Gregor II. schrieb seinem Legaten von der Baiwaria (in Baioaria), nannte Theoto als „Ersten“ des Stammes dort (Primus de gente eadem) und auch als „Herzog des Stammes der Baiern“ (dux gentis Baioariorum). Als Herrn eines zu begründenden Erzbistums für Bayern bezeichnete er ihn als dux Provincae (Liber Pontificalis, zitiert nach Alois Schmid). Er teilte Baiern zu seinen Lebzeiten unter seine vier Söhne auf.
  • Herzog Theudebald (ca. 711–719)
  • Herzog Grimoald II. (ca. 702–725)
  • Herzog Tassilo II. (ca. 716–719)
  • Herzog Theudebert (Theodo III.) (711–ca. 719)
  • Herzog Hugbert (ca. 725–736)
  • Herzog Odilo (736–748), ein alemannischer Agilolfinger, legte Bistümer fest. Musste sich den fränkischen Karolingern unterwerfen
  • Herzog Grifo (ca. 748) 741 wurde Grifo im letzten Testament Karl Martells ein Teil des Frankenreiches zugesprochen, in Baiern Usurpator
  • Herzog Tassilo III. (748–788), Tassilo III. erreichte eine Machtstellung, die vor ihm kein anderer Agilolfinger besessen hatte. Danach gewaltsame Einverleibung in das Frankenreich Karls des Großen.

Das Volksrecht der Bajuwaren[]

Die Lex Baiuvariorum (auch Lex Baiuwariorum, Lex Bajuvariorum oder Lex Baivariorum) ist die in der Zeit des 6. bis 8. Jahrhunderts entstandene Kodifikation des Volksrechtes der Bajuwaren, das heißt die älteste Sammlung von Rechtssätzen des frühen bairischen Stammesherzogtums. Der Text ist auf Latein verfasst und enthält bajuwarische Fragmente. Es ist das älteste und wichtigste Denkmal der Bajuwaren.[17]

Die Lex Baiuvariorum enthält in 23 Artikeln Rechtssätze und Verfahrensregeln zu Straf-, Prozess- und Privatrecht teilweise getrennt für die einzelnen Stände (Kleriker, Adlige, Freie, Freigelassene, Unfreie) sowie Grundsätze zur Verwaltung des Kirchengutes.

Die Anwendung des bajuwarischen Stammesrechts ist bis in das 12. Jahrhundert bezeugt, und es war noch im 11. Jahrhundert auch im inneralpin-tirolischen Bereich in Übung, wie die Traditionsbücher des Hochstifts Brixen belegen.[18]

Museen und Ausstellungen[]

Quellen[]

Literatur[]

  • Csanád Bálint: Die Archäologie der Steppe. Böhlau, Köln 1989, ISBN 3-205-07242-1.
  • Heinrich Beck, Stefanie Hamann, Helmut RothBajuwaren. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 1, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1973, ISBN 3-11-004489-7, S. 601–627.
  • Karl Bosl: Bayerische Geschichte. Ludwig, München 1990, ISBN 3-7787-2116-X.
  • Wilhelm Bruckner: Die Sprache der Langobarden. Trübner, Straßburg 1895.
  • Rainer Christlein: Die Alamannen. Theiss, Stuttgart 1991, ISBN 3-8062-0890-5.
  • Falko Daim (Red.): Hunnen und Avaren. Katalog der burgenländischen Ausstellung. Halbturn, Eisenstadt 1996.
  • Das keltische Jahrtausend. Katalog. Zabern, Mainz 1993, ISBN 3-8053-1514-7.
  • Der römische Limes in Bayern. Katalog. München 1992, ISBN 3-927806-13-7.
  • Die Alamannen. Katalog. Theiss, Stuttgart/Zürich/Basel 1977, ISBN 3-8062-1302-X.
  • Die Bajuwaren. Katalog. Rosenheim und Mattsee. Haus der Bayer. Geschichte, München 1988.
  • Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige. Phaidon, Essen 1986, ISBN 3-88851-075-9.
  • Die Franken. Katalog Reiss-Museum Mannheim. von Zabern, Mainz 1996/97, ISBN 3-8053-1813-8.
  • Die Römer in Bayern. Nicol, Hamburg 2005, ISBN 3-937872-11-6.
  • Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer. Katalog Rosenheim. Zabern, Mainz 2000, ISBN 3-927806-24-2.
  • Alfred Friese: Zur Herrschaftsgeschichte des fränkischen Adels. Klett-Cotta, Stuttgart 1979, ISBN 3-12-913140-X.
  • Brigitte Haas-Gebhard: Die Baiuvaren: Archäologie und Geschichte. Regensburg 2013, ISBN 3-7917-2482-7.
  • Alexander Heine (Hrsg.): Germanen und Germanien in griechischen Ouellen. Phaidon, ISBN 3-88851-148-8.
  • Joachim Herrmann: Archäologie in der DDR. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0531-0.
  • Benno Hubensteiner: Bayerische Geschichte. 17. Auflage, Rosenheim 2009, ISBN 3-475-53756-7.
  • Karl Jordan: Ausgewählte Aufsätze zur Geschichte des Mittelalters. Klett-Cotta, Stuttgart 1980, ISBN 3-12-912050-5.
  • Hans Peter Kuhnen: Gestürmt – Geräumt – Vergessen. Württembergisches Landesmuseum, 1992, ISBN 3-8062-1056-X.
  • Hans Losert, Andrej Pleterski: Altenerding in Oberbayern. Struktur des frühmittelalterlichen Gräberfeldes und „Ethnogenese“ der Bajuwaren. scrîpvaz, Berlin 2003, ISBN 3-931278-07-7.
  • Bernhard Maier: Die Kelten. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-46094-1.
  • Wilfried Menghin: Die Langobarden. Theiss, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0364-4.
  • Wilfried Menghin: Frühgeschichte Bayerns. Theiss, Stuttgart 1990, ISBN 3-8062-0598-1.
  • Johannes Merz, Robert Schuh (Hrsg.): Franken im Mittelalter. München 2004, ISBN 3-7696-6530-9.
  • Friedrich Prinz: Die Geschichte Bayerns. Piper, München 2001, ISBN 3-492-23348-1.
  • Ludwig Schmidt: Die Westgermanen. C. H. Beck, München 1938, 1970, ISBN 3-406-02212-X.
  • Wilhelm Störmer: Die Baiuwaren. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47981-2.
  • Karl Heinz Stoll: Mythos Bayern. Die literarische Erfindung einer Chimäre. Sequenz Medien Produktion, Fuchstal 2005, ISBN 3-935977-60-3.
  • Wilhelm Wattenbach, Ernst Dümmler, Franz Huf: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter. Phaidon, Essen 1991, ISBN 3-88851-129-1.
  • Peter Wiesinger, Albrecht Greule: Baiern und Romanen. Zum Verhältnis der frühmittelalterlichen Ethnien aus der Sicht der Sprachwissenschaft und Namenforschung. Narr/Francke/Attempo, Tübingen 2019, ISBN 978-3-7720-8659-5.
  • Friedhelm Winkelmann, Gudrun Gomolka-Fuchs: Frühbyzantinische Kultur. Büchergilde Gutenberg, Frankfurt am Main 1987/1990, ISBN 3-7632-3525-6.

Weblinks[]

Commons: Bajuwaren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[]

  1. Brigitte Haas-Gebhard: Die Baiuvaren: Archäologie und Geschichte. Regensburg 2013, ISBN 3-7917-2482-7. S. 192.
  2. Ludwig Rübekeil: Der Name ‚Baiovarii‘ und seine typologische Nachbarschaft. In: Die Anfänge Bayerns. Von Raetien und Noricum zur frühmittelalterlichen Baiovaria. St. Ottilien, Universität Zurich 2012, S. 152. online.
  3. Ludwig Rübekeil: Diachrone Studien, S. 337 f.
  4. Vladimir Orel: A Handbook of Germanic Etymology. Brill, Leiden 2003, S. 449.
  5. Brigitte Haas-Gebhard: Die Baiuvaren: Archäologie und Geschichte. Regensburg 2013, ISBN 3-7917-2482-7. S. 192
  6. Die Entstehung der Bajuwaren. Abgerufen am 13. Oktober 2015.
  7. Peter Wiesinger, Albrecht Greule: Baiern und Romanen. Zum Verhältnis der frühmittelalterlichen Ethnien aus der Sicht der Sprachwissenschaft und Namenforschung. Narr/Francke/Attempo, Tübingen 2019, ISBN 978-3-7720-8659-5.
  8. Geschichtliche Fakten zu den Bajuwaren. Archiviert vom Original am 3. April 2015; abgerufen am 13. Oktober 2015.
  9. Die Bajuwaren. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 14. August 2015; abgerufen am 13. Oktober 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.die-bajuwaren.de
  10. Das Bajuwarenhaus. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 13. Oktober 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/bajuwarenhaus-waging.de.tl
  11. Frühe Bajuwaren Teil 4 – Die Bajuwaren als Angehörige einer allgemeinen elbgermanischen Kultur. Abgerufen am 13. Oktober 2015.
  12. Die Geschichte des Vilstals. Abgerufen am 13. Oktober 2015.
  13. Manfred Renn, Werner König: Kleiner Bayerischer Sprachatlas, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2006, ISBN 3-423-03328-2
  14. Benno Hubensteiner: Bayerische Geschichte. Bayerische Anfänge. 9. Auflage, 1981, ISBN 3-7991-5684-4, S. 31.
  15. Heinrich Kunstmann: Vorläufige Untersuchungen über den bairischen Bulgarenmord von 631/632. Der Tatbestand. Nachklänge im Nibelungenlied. (= Slavistische Beiträge 159). Sagner, München 1982, ISBN 3-87690-241-X, S. 11.
  16. Vgl. Paulus Diaconus
  17. Hubensteiner: Bayerische Geschichte, Rosenheimer Verlagshaus, 17. Auflage 2009, S. 44–48.
  18. Hannes Obermair: Das Recht der tirolisch-trientinischen ‚Regio‘ zwischen Spätantike und Frühmittelalter. In: Concilium Medii Aevi 9 (2006), S. 141–158, Bezug S. 149–150 DOI:10.2364/1437905809107.
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